Sexualität und Evolution
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Sexualität ist fast universell. Nicht nur Tiere und Pflanzen, auch Bakterien und Schimmelpilze sind in der Lage, auf die eine oder andere Art, sei es nach Zellfusion oder temporärem Kontakt, Gene aufzunehmen oder auszutauschen. Es gibt wenige Protozoen, die sich nur ungeschlechtlich durch Zweiteilung fortpflanzen. Bei den einfachsten vielzelligen Tieren, die sich durch Teilung oder Knospung vermehren können, spielt die Sexualität noch eine relativ geringe Rolle, aber mit zunehmender Organisationshöhe wird sie zum dominierenden Faktor im Lebenszyklus. Ohne Sexualität wäre die Evolution vermutlich auf der Ebene einfachster Lebensformen stehen geblieben. Zu höher organisierten Lebewesen hätte es wohl kaum kommen können, denn neben den Mutationen ist die ständige Neukombination der Gene durch Geschlechtsprozesse die mächtigste Antriebskraft der Evolution. Wenn man nur die landbewohnenden Wirbeltiere betrachtet, erscheint die Sexualität recht einförmig. Insgesamt gesehen besteht aber eine überraschende Vielfalt, für die man nach Erklärungen sucht. So gibt es neben der gewohnten Zweigeschlechtlichkeit häufig auch Zwitter mit Geschlechtsumkehr und andere, die zugleich beiderlei Gameten bilden, manchmal sogar in der gleichen Keimdrüse, bei Pflanzen wie bekannt in der gleichen Blüte. Dennoch kommt es gewöhnlich nicht zur Selbstbefruchtung, die bei manchen Einzellern wieder die Regel ist. Oft ist aus der ursprünglich zweigeschlechtlichen Fortpflanzung eine eingeschlechtliche geworden. Unter besonderen Umständen muß sie Selektionsvorteile bringen, obwohl dann keine Genrekombination mehr stattfindet und die Nachkommen mit den Müttern genetisch identisch sind. Die Sexualität ist auch nicht dem üblichen Schema entsprechend stets bipolar. Unter den Protozoen, bei den Ciliaten, gibt es multipolare Arten, wo ein Individuum mit mehr als 40 genetisch verschiedenen Partnern konjugieren kann. Solche Besonderheiten treten in der Regel gruppenweise auf, ein Hinweis auf gemeinsame Abstammung. Um den Ursprung der Sexualität und ihre Bedeutung für die Evolution geht es in diesem Buch. Die Diskussion führt von den Mechanismen der Genrekombination zur Evolution des Genoms, der Geschlechtsbestimmung, der Gametenbildung und der Befruchtung und schließlich zu der verhaltensbiologischen Thematik von sexueller Zuchtwahl und dem Wettstreit um die Weitergabe der eigenen Gene an die nächste Generation. Publikationen, auf die im Text Bezug genommen wird, sind im Anhang zu den einzelnen Kapiteln durch hochgestellte Zahlen gekennzeichnet; außerdem sind relevante Lehrbücher und Nachschlagewerke vermerkt. Wegen der häufigen erdgeschichtlichen Hinweise ist eine Tabelle der geologischen Perioden beigefügt. Die Geschichte des Lebens hat der Autor in seinem Werk „Evolution und die Vielfalt des Lebens“, das im Jahre 2000 im Shaker Verlag erschienen ist, ausführlich dargelegt.