Das Atelier des Malers
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Als Kultraum der Romantik par excellence hat das Atelier des Künstlers in Bildern und Beschreibungen des frühen 19. Jahrhunders seit jeher große Beachtung gefunden und in der Kunstwissenschaft zahlreiche Untersuchungen ausgelöst. Das Atelier der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hingegen hat - mit Ausnahme vielleicht der bekannten Künstlerhäuser von Hans Makart in Wien, Franz von Lenbach in München oder Anton von Werner in Berlin, denen man ein gewisses amüsiertes Interesse entgegenbringt - entsprechende Untersuchungen kaum erfahren. Dabei ist es die zweite Jahrhunderthälfte weit mehr als die erste, in der sich in Kunst- und Trivialzeitschriften, in Künstlerromanen und -novellen, in Künstlerbiographien und -autobiographien die Beschreibungen von Ateliers häufen. Stets paarte sich dort die Neugier des bildungsbürgerlich befangenen Publikums nach dem Freiraum der Bohème mit der Ehrfurcht vor dem künstlerischen Genie, das im Atelierraum waltet. Es ist ein Verdienst der Autorin zu zeigen, daß die Unbefangenheit, mit der wir heute glauben, das Atelier des Malers irgendwo zwischen Kultraum und Liebesnest ansiedeln zu können, selbst nur ein Relikt des 19. Jahrhunderts ist. Sie entlarvt diese tradierte Vorstellung als unwahr, indem sie in einer Vielzahl von Diskursen die Wunsch-, Wahn- und Nachbilder des 'Ateliers' in der bürgerlichen Gesellschaft in der Kaiserzeit freilegt. Sie zeigt es als einen vom Publikum erträumten und gestalteten Resonanzraum dessen, was dieses Publikum vom Künstler erwartete. Eva Mongi-Vollmers Arbeit versteht sich als Modell. Es geht nicht um Künstlergeschichte, aber auch nicht um Kunst- oder Künstlersoziologie im engeren Sinn. Es geht auch nicht darum, Fiktion gegen Realität ausuzuspielen. Vielmehr geht es ihr darum, aus Hunderten von Zeugnissen, die das Atelier zum Gegenstand haben, ein tableau des 'anderen' - des nicht aus sich selbst heraus definierbaren - Raums zu gewinnen. Die Vielfalt und Fülle an aussagekräftigem Material, das die Autorin zu diesem Zweck zusammentrug und zu analysieren wußte, ist für den Kunstsoziologen wie für den Literaturwissenschaftler eine reiche Fundgrube.