Blutbilder
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Blut: Kaum ein Stoff hat innerhalb der abendländischen Kulturgeschichte eine symbolische Wirkmächtigkeit erreicht, die der des ‚Lebenssafts‘ oder ‚Essenz des Menschen‘ gleichkäme. Durch verschiedenste Diskurse kontinuierlich mit Bedeutung aufgeladen, ist die Körperflüssigkeit immer wieder aufs Neue zum Gegenstand kollektiver Phantasmen geworden. Bis heute ist der Strom der Blutbilder nicht zum Stillstand gekommen und zirkuliert durch sämtliche Diskurse und Medien. Ausgehend von Lektüren von Francis Ford Coppolas Bram Stoker’s Dracula (1992) und Elfriede Jelineks Krankheit oder Moderne Frauen (1987) analysiert das Buch den Einsatz der Blutbilder in der Postmoderne. Die kulturwissenschaftliche Arbeit fragt nach dem Anteil des Zeichens ‚Blut‘ bei Prozessen der Gemeinschaftsbildung, der Subjektkonstitution und den Geschlechterzuschreibungen. Besonderes Augenmerk liegt auf den Strategien der Naturalisierung und Authentifizierung, die mittels des Bluts erfolgen: Innerhalb der Vorstellung von einer Gemeinschaft als kollektivem Körper sind die Darstellungen des Bluts nicht nur an der Imagination dieser scheinbar ‚organischen‘ Ordnung beteiligt. Sie arbeiten auch an der Authentifizierung der Medien, durch die sie erst hervorgebracht wurden, und geben ihnen über den Topos der Lebenskraft den Anschein von Unmittelbarkeit und Authentizität. In der Infragestellung dieser metaphysischen Konstruktion scheint auch der Horror der Texte zu liegen: Die Vampire, von denen erzählt wird, verschränken in ihrer Darstellung als Viren des kollektiven Blutkreislaufs die Angst vor dem systemeigenen Fremdkörper mit der Angst vor den Störungen einer ‚geregelten‘ Zeichenökonomie und lassen die allgegenwärtigen Brüche und Paradoxien einer solchen Ordnung in Erscheinung treten.