Naturphilosophie und Naturheilkunde
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Der erste Teil des Werkes befasst sich vorrangig mit der Klärung der Begriffe Natur, Naturheilkunde, Naturwissenschaft. Hierbei wird der antike Naturbegriff einer besonderen Diskussion unterzogen, um gleichzeitig die Verwurzelung der Naturheilkunde im begrifflichen Denken der Antike aufzuzeigen. Verdeutlicht wird, dass moderne Naturwissenschaft sich eines reduzierten Naturbegriffs bedient, welcher zur Definition des jeweiligen Wissenschaftsgegenstandes bemüht wird. Metatranszendentale Naturbegriffe werden unter Bezugnahme auf Kants Naturbegriff bearbeitet. Die Begriffsdiskussion mündet in die Herausarbeitung des Begriffs Naturheilkunde. Der folgende Abschnitt dient der Darstellung und Analyse des Systems der Entwicklungsmechanik W. Roux' als den Versuch der Erweiterung kausalmechanistischen Denkens zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Begriffe wie Autoergasie, Selbstregulation, Ursache, Wirkung, trophischer Reiz stehen im Mittelpunkt der Betrachtung. Gezeigt wird, dass Roux, welcher als Professor der Medizin Vorlesungen über Physiologie hielt, bereits Elemente der einsetzenden Entwicklung des Neovitalismus bearbeitete. Der Neovitalismus Drieschs als der Versuch der Vereinigung von Naturphilosophie und Naturwissenschaft zur Erforschung lebendiger Prozesse wird im dritten Teil als theoretische Grundlage für die zur gleichen Zeit aufstrebende Naturheilbewegung diskutiert. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang der Begriff der Entelechie bei Driesch (in Abgrenzung zu Aristoteles)und die Auseinandersetzung mit dem System des Neovitalismus innerhalb der medizinischen Wissenschaft. Hierauf aufbauend wird im vierten Teil des Werkes die Situation der Naturheilkunde zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Deutschland dargestellt. Explizit geschieht dies unter der Betrachtung der medizintheoretischen Ansätze der Mediziner und Protagonisten der institutionalisierten Naturheilkunde A. Brauchle und L. R. Grote vom Krankenhaus für Naturheilkunde in Dresden. Grundlegend werden die Begriffe Gesundheit, Krankheit, Leiden, subjektives Heilgefühl, Gleichgewicht der Funktionen des Organismus und der Begriff der medizinischen Norm diskutiert. Parallel dazu wird die Bedeutung teleologischen Denkens im Vergleich zum kausalanalytischen Denken als konsumtives Element der Naturheilkunde sichtbar gemacht. Ein kurzer Exkurs verdeutlicht die Situation der Naturheilkunde während der Zeit des Nationalsozialismus. Im abschließenden fünften Teil des Werkes werden postvitalistische Gesundheitskonzepte angesichts der Herausforderung der Moderne einer Analyse unterzogen. Herausgearbeitet wird, dass Naturwissenschaft nur eine spezifische Wissensform im Spektrum der Wissensformen ist, so dass naturheilkundliches Denken durchaus eine Berechtigung neben naturwissenschaftlich begründetem medizinischen Denken bei der Behandlung erkrankter Menschen hat. Es werden die unterschiedlichen Vorgehensweisen der jeweiligen Richtungen in Diagnostik und Therapie aufgezeigt und der Unterschied zwischen organotropem und personotropem Denken diskutiert. Gezeigt wird, dass „Messbare Gesundheit" Ideal und Handikap der modernen Medizin und das Naturheilkunde ebenfalls primärer Naturschutz ist. In ihrer Gesamtheit stellt die Arbeit den Versuch dar, eine theoretische Grundlage für naturheilkundliches Denken unter Zuhilfenahme medizinhistorischer, medizintheoretischer und philosophischer Aspekte, unter Berücksichtigung der aktuellen Diskussion dieser Thematik, zu erarbeiten.