Die wissenschaftliche Welt von gestern
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Wie kommt es, dass ein bedeutender österreichischer wissenschaftlicher Preis, den die Akademie der Wissenschaften von 1865 bis 1937 vergeben hat, gänzlich in Vergessenheit geraten konnte? Die geistigen und kulturellen Verwüstungen, die Antisemitismus und Nazidiktatur in Österreich anrichteten, scheinen bis heute fortzuwirken. Es gilt, die zum Teil unbekannten Preisträger des Ignaz L.-Lieben-Preises für Physik, Chemie und Physiologie und des Richard Lieben-Preises für Mathematik dem Vergessenwerden zu entreißen und die Besonderheit der „wissenschaftlichen Welt von gestern“ erkennbar zu machen. Ein große Rolle spielten die großen Forscherfamilien (Exner, Meyer, Przibram, Natterer) mit ihren vielfältigsten verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen. Bemerkenswert viele Preisträger hatten Kontakt mit Sigmund Freud. Einige Forscherschicksale beschäftigten den unbestechlichen Chronisten Karl Kraus, andere finden sich in den Tagebüchern Arthur Schnitzlers. Wenn 2004, dem Jahr der EU-Erweiterung, tatsächlich in Europa eine neue Ära anbrechen soll, so ist an die Leistungen bedeutender Forscher dieses Kulturraumes zu erinnern und insbesondere die Ehre jener Wissenschaftler, die 1938 emigrieren mussten oder gar in Konzentrationslagern vernichtet wurden, wieder herzustellen. Viele deutschsprachige Altösterreicher, die damals in Prag oder Brünn tätig waren, sind bislang sowohl von der österreichischen wie auch von der tschechischen Wissenschaftsgeschichte vergessen worden. Nicht verschwiegen werden darf, dass es unter den Laureaten auch etliche begeisterte Nationalsozialisten gab.