1968 - ein Riss in der Geschichte?
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Das Jahr 1968 erscheint in der deutschen Geschichtsschreibung bisher meist wie ein Riss in der Geschichte. Den fünfziger Jahren und der restaurativen Adenauer-Ära folgte der 68er-Befreiungsschlag, der zwar scheiterte, aber den Weg zu einer liberaleren Gesellschaft ebnete. Heute jedoch wird deutlich, dass die 68er-Ereignisse untrennbar mit der Entstehungsgeschichte der modernen, westlichen Konsumgesellschaften der Nachkriegszeit verbunden sind. 1968 erscheint nicht mehr als politische Reaktion auf den angeblichen Muff der deutschen Fünfziger, sondern als der Versuch, mit dem fundamentalen Strukturwandel der westlichen Nachkriegsgesellschaften fertig zu werden. Aus dem Bedürfnis heraus, diese Umwälzungen zu deuten, entstand seit den fünfziger Jahren eine dezidiert politische Sprache, die die Umbrüche benennbar, verstehbar und verhandelbar machte. Die Revolution der 68er fand nicht statt, aber die Sprache der Gesellschaftskritik blieb. Sie etablierte sich gesellschaftlich in den Bürgerinitiativen und in der Alternativkultur der siebziger Jahre. Thomas Etzemüller analysiert diesen Prozess auch für Schweden. Durch den Vergleich des skandinavischen Staates mit Westdeutschland und den USA treten Ähnlichkeiten der westlichen Entwicklung, aber auch schwedische Besonderheiten klar hervor. Zudem wird durch die Konzentration auf die verschiedenen Wahrnehmungsprozesse deutlich, wie sehr 1968 tatsächlich eine imaginierte, weltweite Revolution war.