Policey und Strafjustiz in Kurmainz
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Die als territoriale Fallstudie angelegte Arbeit behandelt Ordnungsgesetzgebung, Normdurchsetzung und Strafpraxis im frühneuzeitlichen Kurmainz, einem mittleren geistlichen Territorium des Alten Reiches. Sie ist damit im Schnittfeld der aktuellen (rechts-)historischen Forschungsfelder „gute Ordnung und Policey“ und „historische Kriminalitätsforschung“ situiert. Im Mittelpunkt steht das komplexe Verhältnis zwischen „guter Policey“ und Strafjustiz, das erstmals umfassend und unter Anwendung quantitativer Methoden untersucht wird. Herausgearbeitet wird nicht nur der Prozeß der Normgebung, die Expansion der Regelungsmaterien im Bereich des devianten Verhaltens und die Entfaltung eines criminalpoliceylichen Ordnungs- und Sicherheitsdiskurses, sondern auch die praktische Umsetzung und Wirkung der Policey- und Strafnormen. Behandelt werden die Strukturen und die Entwicklung der Strafgerichtsbarkeit, das Straf- und Entscheidungsverfahren, die Schaffung exekutiver Verwaltungs- und Polizeiorgane sowie die Etablierung „moderner“ Techniken der Sozialkontrolle. Ein zweiter Schwerpunkt thematisiert Struktur und Entwicklung der Kriminalität, die Entscheidungspraxis, die Strafzwecke, die Sanktionen und den konkreten Strafvollzug. Praxis und Zusammenwirken von Policeygesetzgebung, Normdurchsetzung, Devianz und Strafe werden schließlich für drei zentrale Bereiche - Festkultur/Gewalt, Ehe und Sexualität, mobile Randgruppen/Eigentumsdelinquenz - exemplarisch analysiert und dabei auch die Wechselwirkungen und Kommunikationen zwischen Obrigkeit und sozialer Gemeinschaft einbezogen. Im Ergebnis zeigt die Arbeit, daß die für Kurmainz beobachtete Interaktion zwischen „guter Policey“ und Strafjustiz exemplarischen Charakter für die Entwicklung des frühmodernen Staates in Europa besitzt.