Chinesische Stadt-Landschaften
Autoři
Více o knize
Chinas Städte boomen. Die „Großstadt“ wird immer mehr zum Inbegriff chinesischer Kultur und Identität. Dies ist bemerkenswert insofern, als dass damit ein jahrzehntelanger politisch forcierter Prozess der Ruralisierung und Stigmatisierung der Städte als Ort „kleinbürgerlicher Dekadenz“ abgelöst und neu definiert wird. Jenseits ihrer unüberseh- und -schaubaren physischen Präsenz erfährt die „Großstadt“ im post-maoistischen China in allen gesellschaftlich relevanten Diskursen ihre Wiederbelebung und Rehabilitation. Ausgangspunkt dieser Studie ist die Vermutung und Beobachtung, dass die fundamentalen Prozesse der Urbanisierung im China der 80er und 90er Jahre nicht nur soziale, wirtschaftliche und politische Verwerfungen mit sich gebracht, sondern auch die Erfahrungs- und Wahrnehmungsstruktur grundlegend verändert haben. Im Zentrum der Betrachtungen stehen demgemäß die theoretischen und künstlerischen Entwürfe, die als symbolischer Umgang mit der „neuen Realität“, als „Probehandlungen in der Fiktion“ gelesen werden sowie deren Stellenwert für das chinesische, intellektuelle Selbstverständnis. Das Interesse gilt mithin nicht der realen Stadt, sondern den Bildern und Vorstellungen, Zuschreibungen und Kategorisierungen, so wie sie sich in literaturkritischen bzw. literarischen Großstadt-Entwürfen darbieten. Die „Stadt“ wird zur Projektionsfläche, zum Ort reflexiver Auseinandersetzung und Selbstbestimmung. Gleichzeitig ist sie der lebensweltliche Kontext, innerhalb dessen sich die Produktionsbedingungen von Literatur radikal verändert haben.