Das brasilianische Bildungswesen

Nachdem Brasilien während vieler Jahre, wenn überhaupt, nur negative Schlagzeilen lieferte, erlebt das Land seit dem Amtsantritt des sozialistischen Präsidenten Luiz Ignacio Lula da Silva im Januar 2003 ein kaum erwartetes wirtschaftliches und politisches Comeback. Die Börse boomt, die Wirtschaft wächst, das Bonitätsrisiko sinkt, und das Land erhebt einen neuen regionalen Führungsanspruch. Entsprechend selbstbewußt ist auch das Auftreten auf der internationalen Bühne. Weniger bemerkt von der Weltöffentlichkeit haben sich aber auch auf dem jahrzehntelang vernachlässigten Feld der Bildungspolitik neue Konzepte und Maßnahmen entwickelt. Bereits unter der Vorgängerregierung von Fernando Henrique Cardoso wurden erhebliche Anstrengungen zur quantitativen und qualitativen Verbesserung des Bildungsangebots unternommen, und in der Tat hatten sich die Bildungsindikatoren zu Beginn des neuen Jahrtausends deutlich verbessert. Diese dynamische Linie wird unter der aktuellen Regierung fortgesetzt, die Bildung und Erziehung als eines ihrer zentralen sozialen Operationsfelder definiert. Vorrangige Ziele sind dabei die definitive Ausrottung des Analphabetismus, der Abbau der Ungleichheit von Bildungschancen und eine Anhebung der Bildungsqualität. Den unbestreitbaren Fortschritten auf vielen Gebieten stehen andere gegenüber, auf denen bisher wenig Bewegung festzustellen war. Geblieben sind die krassen sozialen Kontraste, die sich natürlich nicht innerhalb weniger Jahre abbauen lassen; die Korruption, die sich offensichtlich auch in der mit einem hohen moralischen Anspruch angetretenen neuen Regierung inzwischen breit gemacht hat; die ausufernde Gewalt und Unsicherheit vor allem in den Großstädten, die hohe Arbeitslosigkeit und nicht zuletzt die Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen durch systematische Übernutzung und Zerstörung der Ressourcen. Die Zukunft Brasiliens wird von der Lösung dieser Probleme abhängen und Bildung kann hierzu ihren Beitrag leisten.