Orthodoxe Theologie und die anthropologische Herausforderung der Neurowissenschaften
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Die orthodoxe Theologie, welche in Zusammenhang mit Begriffen wie „Tradition“ und „Spiritualität“ bekannt ist, wird oft in ihrer schöpferischen Reife unterschätzt. Vor allem gegenüber anthropologischen Themen ist der Beitrag der orthodoxen Theologie in Westeuropa nicht wirklich wahrgenommen worden. Diese Untersuchung möchte einen Beitrag dazu leisten, die Aktualität der ostkirchlichen, personorientierten „Theologie vom Menschen“ für unsere reduktionistische Epoche aufzudecken. Dies kann nur in einem offenen Dialog geschehen. Die Studie stellt einen theologisch-systematischen Versuch dar, das orthodoxe Menschenbild angesichts der Herausforderungen durch die heutigen Neurowissenschaften zu vertiefen, um einen angemessenen Dialog mit ihnen zu ermöglichen. Es geht darum, in einem ehrlichen, aufeinander zuhörenden und sachlichen Dialog mit den Neurowissenschaften, erneut über den Menschen nachzudenken, im Trachten nach einem christlichen, aber den heutigen Herausforderungen gewachsenen Verständnis. Die Auseinandersetzung mit solchen Herausforderungen entsteht für die Theologie nicht aus einem pluralistischen Trend des Zeitgeistes, sondern aus einer inneren Zuversicht nach dem Offenbarenkönnen der Wahrheit Christi in dieser Welt. Die christliche Theologie ist in ihrer langen Geschichte an solchen Herausforderungen gereift. Eine „reife“ Theologie verschließt sich aber nicht gegenüber neueren Fragen, neueren Formulierungen, sondern setzt sich mit ihnen unterscheidend auseinander. Aus den aktuellen Ergebnissen der Hirnforschung wird vor allem der Befund der „neuronalen Plastizität“ als Beispiel einer fruchtbaren Konsonanz näher herausgestellt. Ein besonderer Akzent liegt auf dem beachtenswerten theologischen Beitrag des rumänischen Dogmatikers Dumitru Staniloae (gest. 1993), ohne dabei andere bedeutende anthropologische Ansätze der heutigen orthodoxen Theologie auszuklammern. Aktuelle Themen wie das sogenannte „Leib-Seele- Problem“ und die Frage der Willensfreiheit werden aus der Perspektive der personalen, dynamischen Ganzheit des Menschen behandelt. Die anthropologische Frage kann nur teilweise theoretisch debattiert werden, sie bedarf immer einer offenen Ausrichtung auf die Erfahrung, sei diese eine Erfahrung mit sich selbst, mit den Mitmenschen oder mit Gott. Die Arbeit bietet somit dem deutschen Leser auf dem motivierenden Hintergrund der Geist-Gehirn-Debatte eine willkommene Einführung in die orthodoxe Anthropologie. Zum Autor Ioan Moga, 1979 in Fagaras (Rumänien) geboren, Dipl. theol. in Orthodoxer Theologie (Univ. München), Priester der Rumänischen Orthodoxen Kirche, zur Zeit wissenschaftlicher Mitarbeiter und Promovent an der Ausbildungseinrichtung für Orthodoxe Theologie der LMU München.