Das unheimliche Heim
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'Wohnsüchtig', so urteilte Walter Benjamin, sei das späte 19. Jahrhundert gewesen. In Zeitschriften und Musterbüchern, in der Literatur, dem Theater und sogar der Medizin befasste man sich intensiv mit dem privaten Heim. Auch in der bildenden Kunst erlebte die Gattung des Interieurs eine neue Blütezeit. Doch Maler wie Pierre Bonnard, Vilhelm Hammershøi, Edvard Munch, Paul Signac, Félix Vallotton und Edouard Vuillard thematisierten in ihren Werken nicht das häusliche Glück, sondern die Bedrohung des Einzelnen, seine Ängste und seine Verlorenheit. Vor dem Hintergrund der europäischen Interieurmalerei um 1900 nimmt die vorliegende Studie diese verstörende Seite in den Blick. Exemplarisch werden die wichtigsten Interieurs der genannten Künstler hinsichtlich ihrer formal-ästhetischen und inhaltlichen Aspekte, aber auch ihrer kultur- und sozialhistorischen Kontexte befragt. Dabei wird deutlich, dass sich die Künstler gezielt dieses Motivs als eines Bedeutungssystems bürgerlicher Normen und Werte bedienten, um gleichzeitig die damit verknüpften gesellschaftlichen Erwartungen zu untergraben. So wird aus der besinnlichen Stube eine Stätte der Angst: das Interieur, das unheimliche Heim.