Die Übernahme börsennotierter Aktiengesellschaften nach der EU-Übernahmerichtlinie
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Mit der Verabschiedung der „Richtlinie betreffend Übernahmeangebote“ am 30. März 2004 ist eines der umstrittensten gemeinschaftsrechtlichen Projekte der letzten Jahre abgeschlossen worden. Die Studie widmet sich der wechselvollen Entstehungsgeschichte der Richtlinie und benennt die Gründe, die eine frühere Verabschiedung verhindert haben. Ausgehend von den Bestimmungen der Richtlinie werden die rechtlichen Rahmenbedingungen für öffentliche Übernahmeangebote in Europa vorgestellt und die wichtigsten Auslegungsfragen geklärt. In diesem Zusammenhang wird auch der Anpassungsbedarf im Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) aufgezeigt, der durch das Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz zumindest teilweise berücksichtigt worden ist. Schliesslich wird untersucht, ob die sekundärrechtlichen Vorgaben geeignet sind, die mit der Richtlinie anvisierten Ziele zu erreichen. Im Hinblick auf die Bestimmungen zur Zuständigkeit der Aufsichtsstellen und zum anwendbaren Recht kommt die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass eine Interpretation im Sinne des Satzungssitzes zwingend geboten ist. Im Zusammenhang mit Übernahmehemmnissen wird diskutiert und im Ergebnis verneint, ob aufgrund der Rechtsprechung des EuGH zur Zulässigkeit sog. „goldener Aktien“ die in der Richtlinie vorgesehenen Wahlrechte der Mitgliedstaaten beschränkt werden. Einige Auslegungs- und Umsetzungsfragen stellen sich schliesslich auch im Zusammenhang mit dem Pflichtangebot und mit dem Squeeze- und Sell-out-Recht. Die Bewertung der Übernahmerichtlinie fällt differenziert aus. Das Ziel des Individualschutzes wird weitestgehend verwirklicht. Die Adressaten des Angebots werden zukünftig in sämtlichen Mitgliedstaaten über eine vergleichbar fundierte Entscheidungsgrundlage verfügen. Auch die Bestimmungen zur Abgrenzung der innereuropäischen Regelungszuständigkeiten bedeuten eine Erleichterung grenzüberschreitender Übernahmeangebote in Europa. Gleiche Ausgangsbedingungen für Kontrollwechsel in börsennotierten Gesellschaften wird die Übernahmerichtlinie allerdings nicht herstellen können. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass eine Belebung des Marktes für Unternehmenskontrolle voraussichtlich nicht zu einem Abbau der in Kontinentaleuropa verbreiteten konzentrierten Anteilsstrukturen führen wird. Soweit sich die tatsächlichen Strukturen der Aktiengesellschaften in Europa nicht annähern, wird es aber keine vergleichbaren Ausgangsbedingungen für Kontrollwechsel geben. Die Restrukturierungsmöglichkeiten für Unternehmen in Europa werden somit nicht gleichermassen verbessert. Zudem stehen die unterschiedlichen Anteilsstrukturen und Kontrollerwerbsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte. Unterschiedliche Funktionsgrade stehen schliesslich der Schaffung eines Finanzbinnenmarktes entgegen.