Hessen zornig
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Was lange gärt, wird endlich Wut. Jeder kennt das. Plötzliche, zornige Affekthandlungen, überschäumend aggressive Entladungen erwischen die soziale Umwelt oft auf dem falschen Fuß. Dabei haben Wutausbrüche meist eine lange Vorgeschichte, sind die letzte drastische Reaktion auf eine Umgebung, die sich gegenüber spezifischen Anliegen des Aggressors hartnäckig taub stellt. Auf dieser Ebene setzt individueller wie kollektiver Zorn bisweilen ungeahnte produktive und kreative Energien frei, findet originelle bis skurrile Formen, die im Langzeitgedächtnis hängenbleiben. Weil sie eine Gesellschaft zum Nach- oder Umdenken gezwungen haben. Bonifatius‘ Unmut über die naturgläubigen Germanen ließ ihn einen Baum fällen, ein Akt per Axt, der das Christentum voranbrachte. Die Fan-Bewegung der Frankfurter „Ultras“ setzt ihren Zorn über eine durchkommerzialisierte Fußballkultur in aufregende Choreographien um. Und was wäre die Stadt Kassel heute, wenn Landgraf Karl nicht einst von dem barocken Virus der Bauwut befallen gewesen wäre? Mancher Zorn in Hessens Geschichte hat nachhaltige Wirkung gehabt, mancher verpuffte aber auch, vielleicht, weil man seinen Absender nicht verstand. Die Geschichten in „Hessen zornig“ belegen jedenfalls, dass es sich lohnt, Erregung auszuleben.