Literatur als Medium kultureller Selbstreflexion
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Die paradoxale Gleichzeitigkeit einer Krise der Vernunft und einer anhaltenden Orientierung an Vernunft als ethischem Grundwert im westlichen Kulturraum bildet den Problemhorizont der vorliegenden Studie. Angesichts des hohen gesellschaftlichen Stellenwerts von Vernunft umfasst die kritische Auseinandersetzung mit (Un)Vernunft zugleich eine kulturelle Selbstreflexion über u. a. herrschende Rationalitätsnormen, Wertesysteme, Identitäts- und Ordnungsmodelle. Durch die Entwicklung des funktionsgeschichtlichen und kognitiv-narratologischen Analysemodells ‚literarischer Transversalität‘ lenkt diese Studie den Blick auf den dreifachen Beitrag, den Literatur als ein Medium kultureller Selbstreflexion für das Projekt eines neuartigen Vernunftverständnisses leisten kann. Nicht nur vermag Literatur als Artikulationsort des Anderen der Vernunft eine vernunftkritische Funktion auszuüben, sondern sie kann auch ‚transversale Vernunft‘ (Wolfgang Welsch) ästhetisch gestalten und im Akt der Lektüre schulen. Die Praxis transversaler Vernunft – unseres (selbst)reflexiven Vermögens, durch das wir Übergänge zwischen verschiedenen Positionen vollziehen können – ist mit einem bestimmten Weltbild und emotiven Kompetenzen verbunden. Mit der Ausarbeitung des Modells ‚literarischer Transversalität‘ und dessen Erprobung anhand von vier ausführlichen Fallbeispielen (D. Lessing, E. L. Doctorow, A. S. Byatt, P. McGrath) zum literarisch-transversalen Wissen über ‚Unvernunft‘ (Mythos, Religion und Leiblichkeit) leistet die vorliegende Studie einen innovativen Beitrag zur Funktionsgeschichte des Romans.