Die Dialektik von Einheit und Differenz
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Dieses Buch ist nicht nur von historischem Interesse. Es greift in die politische Diskussion der letzten Jahre über die Vereinigten Staaten von Amerika ein und versucht, einen Kontrapunkt zum weit verbreiteten Antiamerikanismus zu setzen sowie der Unkenntnis der amerikanischen Besonderheiten in Europa entgegenzuarbeiten. Die Grundthese ist, dass die amerikanische Gesellschaft durch ihre Entstehung im 18. Jahrhundert eine spezifische Grundstruktur aufweist, die sie von europäischen Nationalstaaten unterscheidet. Bei aller Kontinuität der politischen Ideale unterliegt sie doch einer permanenten Wandlung und muss beständig neu aushandeln, wie die Widersprüche und gesellschaftlichen Differenzen synthetisiert werden können, ohne zu einer Homogenisierung zu führen. Mit anderen Worten: die amerikanische Geschichte ist paradigmatisch für die Dialektik von Einheit und Differenz. Gezeigt wird in dem Buch, dass es in der Geschichte Amerikas einen Dreischritt gibt, beginnend mit dem religiösen Pluralismus über die politische Toleranz hin zum ethnischen Pluralismus. Ganz zentral ist hierbei die Einwanderung der unterschiedlichen Gruppen seit der Unabhängigkeit im Jahre 1776. Während am Beispiel der Einwanderung religiöser Dissidenten im 18. Jahrhundert die Genese des Pluralismusprinzips gezeigt wird, soll seine Geltung anhand der Einwanderung deutscher Revolutionäre nach der 1848er Revolution und anhand der jüdischen Einwanderer im 19. und frühen 20. Jahrhundert bewiesen werden. Es wird die Frage diskutiert, warum viele deutsche Revolutionäre in Amerika zu „conservative citizens“ (Carl Schurz) wurden, was nur vor dem Hintergrund des von vielen Widerständen geprägten, letztlich aber doch erfolgreichen Anpassungsprozesses der deutschen Einwanderer zu verstehen ist. Gefragt wird, welche Rolle Amerika für jüdische Einwanderer gespielt hat und warum es eine reale Alternative zur zionistischen Vision der Gründung eines jüdischen Staates darstellte. Durch die beginnende Masseneinwanderung von Juden aus Osteuropa im späten 19. Jahrhundert und durch das Anwachsen des Antisemitismus waren die amerikanischen Juden gezwungen, ihr Verhältnis zu und ihre Stellung in Amerika neu zu diskutieren. Die Auseinandersetzung bewegte sich zwischen den Polen „Melting Pot“ (Israel Zangwill) und „Cultural Pluralism“ (Horace M. Kallen), also zwischen der Forderung nach völliger Assimilierung und der Forderung nach Bewahrung kultureller Eigenheiten. Dies zeigt die aktuell politische Dimension des Buches, weil die gerade in Europa und Deutschland geführten Diskussionen in Amerika schon vor langer Zeit angefangen haben. Auch wenn sich die amerikanischen Verhältnisse nicht eins zu eins übertragen lasse, könnte Europa doch viel lernen, wenn es bereit wäre, sich ernsthaft mit Amerika auseinanderzusetzen und den ideologisch motivierten Antiamerikanismus hinter sich zu lassen.