Der Körper als Palimpsest
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Als Palimpsest bezeichnet man ein mehrmals überschriebenes Pergament, also ein Schriftmedium, das Überlagerungen von Schriftspuren aus verschiedenen Zeiten aufweist und sich deshalb auch als Metapher für Gedächtnisvorgänge eignet. Fügt man dieser Gedächtnismetapher des Palimpsests noch die Dimension des lebendigen, menschlichen Körpers hinzu, wie sie am deutlichsten im tätowierten Körper zum Ausdruck kommt, so ergibt sich eine komplexe Metaphorik der Beschriftung und (Un)Lesbarkeit des Körpers zwischen Natur und Kultur, Kreatürlichkeit und Schriftlichkeit, Erinnern und Vergessen. Die Widersprüchlichkeit dieser Zusammenführung hat sich in der skandinavischen Gegenwartsliteratur als besonders kreatives Potential erwiesen. Nicht zuletzt indem Metaphern der körperlichen Zurichtung durch ihren virtuosen rhetorischen Einsatz ›beim Wort genommen‹ werden, können poetologische Fragen nach den Grenzen des Schriftlichen und des Körperlichen gestellt und die Komplexität einer Gedächtnis-Thematik entfaltet werden, die im mehrfachen Sinn ›unter die Haut‹ geht. Sechs Einzelanalysen gehen diesem Körper-Schrift-Thema in ihren unterschiedlichen Facetten und Gestaltungsmöglichkeiten nach.