Schrecken und Lust
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Variationsreich und phantasievoll sind die Bildschöpfungen über die Jahrhunderte hinweg, die durch die Versuchung des heiligen Antonius inspiriert wurden. [zeitzeichen] Die Legende vom verführten, bedrängten und gequälten Eremiten Antonius nutzten seit dem späten Mittelalter zahlreiche Künstler zur Darstellung phantastischer Bildwelten. Vorgestellt werden zu diesem leidenschaftlichen Thema rund 80 Gemälde, Zeichnungen und Radierungen vom Beginn des 15. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Bis heute faszinieren Antonius-Bilder als Spiegel menschlicher Begierden und Ängste. Im Lauf der Jahrhunderte ändern sich allerdings die geschilderten Details, die intendierten Aussagen und die künstlerische Formensprache. Dabei weist das christliche Motiv schon bald nach 1500 über den religiösen Bereich hinaus: Aus den frühen statuarischen Heiligendarstellungen werden belebte Weltuntergangspanoramen, die endzeitlichen Erwartungen des ausklingenden Mittelalters finden ihren Niederschlag. Hieronymus Bosch und seine Nachfolger schildern mit erfindungsreicher Detailliertheit die Drangsalierungen des Antonius durch Dämonen, Teufel und grässliche Wesen – und offenbaren dabei eine Freude am Grausamen und Entsetzlichen, am Lustvoll-Schrecklichen. Wunsch- und Alptraum werden eins. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, etwa bei Tintoretto, ringt die Figur des Heiligen heftig mit den Mächten der Verführung. Hier, wie bei Bosch, wird Antonius auch als Paradigma des von seinen Intuitionen bestürmten Künstlers gedeutet. Das 17. Jahrhundert dagegen ordnet Antonius mit derb-unterhaltsamen Zügen der Genremalerei zu, von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an dominiert das Erotische. In der Mitte des 20. Jahrhunderts werden, so bei Otto Dix und Salvator Dalí, peinigende Monster, die Versuchung durch Frauen und die Kreuzsymbolik vereinigt. Mit Max Ernst wird ein abschließender Höhepunkt der Antonius-Gestaltung erreicht: Der Heilige erscheint unrettbar in den Klauen einer zerrissenen Welt. 80 Werke aus fünf Jahrhunderten zu einem Thema, bei dem ein Maler so richtig in die Vollen gehen kann – ein 'Panorama der Lüste und Schrecken'. [art]