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Das Böse oder die Versöhnung mit dem dunklen Bruder

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Beim Problem des Ursprungs des Bösen handelt es sich um eine Frage, welche die Menschheit zu allen Zeiten, in allen Kulturen und Religionen beschäftigt hat. Der kollektive Ausbruch des Bösen in unserer Zeit hat Menschen wie C. G. Jung, Karlfried Graf Dürckheim, Erich Neumann und andere dazu bewegt, sich mit der Tatsache auseinanderzusetzen, daß die Ethik des jüdisch-christlichen Zeitalters sich als unfähig erwiesen hat, die Kräfte der Zerstörung im Menschen zu bändigen. Der moderne Mensch, der sich wohl noch auf die Werte dieser Ethik beruft, spürt aber in seinem Inneren ihre Wirksamkeit nicht mehr, weshalb er – wie die letzten Weltkriege gezeigt haben – leicht zu einem Opfer einer Infektion durch das Böse wird. Die Frage nach einer neuen Ethik ist heute ohne Zweifel dringend gestellt. Das Grundproblem der alten Ethik ist das Gegensatzprinzip, das heißt der Kampf zwischen Gut und Böse, Licht und Finsternis und der Versuch, nur das Gute zu leben und das Böse zu vernichten. Wie wir heute wissen, wird dieses aber nicht vernichtet, sondern bloß abgespalten, das heißt ins Unbewußte verdrängt. Dort, wo es der Kontrolle des Bewußtseins entzogen ist, wird es aber immer destruktiver und bösartiger und wird so zu einem gefährlichen Infektionsherd. Die Lösung der neuen Ethik besteht darin, sich im Guten fest zu verankern und so dem Aufprall des Bösen bzw. unseres Dunklen Bruders standzuhalten. Die lebenslange Aufgabe besteht dann darin, sich mit ihm auszusöhnen, ihn ins Licht zu führen, das heißt bewußt zu machen und ihn mitfühlend im Bewußtsein zu lassen. Die Versöhnung mit dem Dunklen Bruder – meinem Nächsten – führt dann letztendlich zu dessen Wandlung, zum Mysterium Coniunctionis.

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2008

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