Statuswechsel
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Wie geht eine Armee mit bewaffneten Zivilpersonen um? Wohin mit den Kriegsgefangenen, wenn deren Zahlen alle Erwartungen des Siegers übersteigen? Muss ein verwundeter Gegner in jedem Fall geschont werden? Was soll mit den Einwohnern einer belagerten Stadt geschehen? Der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 war die erste Bewährungsprobe für die humanitären Konventionen im 19. Jahrhundert, deren Bestimmungen dazu beitragen sollten, die Härten eines Krieges abzumildern. Aber der Feldzug Preußen-Deutschlands gegen Frankreich trug bereits Züge eines modernen Massenkriegs und warf Probleme auf, mit denen weder die Militärs im Felde noch die Völkerrechtler am Verhandlungstisch gerechnet hatten. Die innovative Studie der Braunschweiger Historikerin Heidi Mehrkens nimmt erstmals aus kulturgeschichtlicher Perspektive den Umgang mit den tradierten Kriegsgebräuchen sowie die Wahrnehmung des neu geschaffenen internationalen Rechts im Feldzug 1870/71 in den Blick. Untersucht werden deutsche und französische Verhaltens- und Deutungsmuster, die sich unter den Bedingungen eines verlustreich geführten Krieges herausbildeten. Wenn Kombattanten nicht mehr eindeutig auszumachen sind, Unbeteiligte ins Geschehen eingreifen und somit Kriegsteilnehmer beider Seiten ihren Rechtsstatus wechseln, werden Begriffe von „Recht“ und „Unrecht“ zu Kategorien nationaler Selbst- und Fremdwahrnehmung.