Die Bildung, die sie meinen ...

Alle reden heutzutage von Bildung und beschwört sie als unerlässliche und entsprechend investitionswürdige Qualität einer zukunftsfähiger Gesellschaft bzw. eines wettbewerbsfähigen 'Standorts'. Allzu oft hat es jedoch den Anschein, als wüssten diejenigen, die am meisten von Bildung reden, nicht, wovon sie da eigentlich reden. Schlimmer noch: kommt von politisch bzw. ökonomisch interessierter Seite die Sprache auf Bildung, wird mit diesem Begriff – oft wider besseren Wissens – etwas beschrieben, was doch besser mit '(Schlüssel-)Qualifikation' oder 'Kompetenz' benannt wäre. Was aber ist und meint Bildung eigentlich – und was gerade nicht? Ist jemand gebildet, wenn er oder sie bei einem Wissensquiz wie 'Wer wird Millionär?' viele Fragen richtig zu beantworten vermag? Ist mit anderen Worten gebildet, wer viel weiß – oder entscheidet nicht eher die Qualität des Wissens? Wer aber legt diese fest und mit welchem Recht? Wie verhält es sich zudem mit dem Verhältnis von Allgemeinbildung zur Spezial- und Berufsbildung? Das sind nur einige der Fragen, die durch die Präzisierung der begriffs- und kulturgeschichtlichen Bedeutungsgehalte von Bildung hier einer Antwort zugeführt werden. Darauf aufbauend werden wichtige Unterschiede zwischen Bildung und anderen einschlägig-pädagogischen Begrifflichkeiten benannt, die umgangssprachlich – und fälschlicherweise! – oft als Synonym für Bildung gebraucht werden: Namentlich 'Lernen', 'Wissen', 'Intelligenz' sowie 'Schlüsselqualifikation und Kompetenz' sind Begriffe, die inhaltlich von Bildung abzugrenzen sind. Insbesondere aber geht dieses Buch der Frage nach, was heute, in neoliberalen Zeiten einer Ökonomisierung praktisch aller Lebensbereiche, mit Bildung gemeint ist, wenn Politiker oder Wirtschaftsfunktionäre diese unablässig propagieren. Zumeist wird Bildung dann eindimensional mit ökonomischer Leistungsfähigkeit und arbeitsmarktkompatibler Verwertbarkeit gleichgesetzt und als unerlässliche 'Humankapitalinvestition' in den eigenen individuellen 'Standort' gepriesen. So gerät die Kritik an der Ökonomisierung von Bildung, die hier auf verschiedenen Ebenen des Bildungssystems verdeutlicht wird, letztlich zu einem Plädoyer für die Rettung eines umfassenden, d. h. humanistischen und aufklärerischen, an den Werten Mündigkeit, Persönlichkeitsentfaltung und Emanzipation orientierten Verständnisses von Bildung.