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Die Konzeption der "situation" in den Romanen Simone de Beauvoirs 1943 - 1954

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Simone de Beauvoirs Œuvre steht heute nicht mehr im Schatten des Philosophen und Schriftstellers Jean-Paul Sartre, sondern wird als autonomes literarisches und philosophisches Werk rezipiert. Als Schriftstellerin und Philosophin will sie in ihren Romanen eine gelebte Philosophie darstellen, ein Projekt, das sich besonders in ihrem Verständnis der situation kristallisiert. Bereits die deutschen Philosophen Georg Simmel, Edmund Husserl, Karl Jaspers und Martin Heidegger beschreiben mit dieser Kategorie die Relation von Individuum und Lebenswelt. Sie stellen der französischen Existentialphilosophie damit ein Instrumentarium zur Verfügung, welches das Dasein als ein geschichtliches adäquat zu beschreiben vermag. Die ästhetische Umsetzung der situation entwickelt sich im Beauvoirschen Roman zu einem Indikator authentischen Schreibens, das in zunehmendem Maße historisch markiert ist. In Anlehnung an die Literaturtheorie Sartres kann bei Beauvoir von einem roman de situation gesprochen werden, der die Komplexität von Charakter und Moral seiner Protagonisten erst durch ihre Entscheidungen und Handlungen deutlich macht und immer weiter entwickelt. Die authentische Darstellung der situation und damit der expérience vécue erfordert neue Formen literarischen Schreibens. Diese entwickelt Simone de Beauvoir in Auseinandersetzung mit dem modernen amerikanischen Roman wie er von John Dos Passos, Ernest Hemingway und William Faulkner vertreten wird und in Auseinandersetzung mit dem zeitgenössischen französischen Roman, die Sartre in den Essays in Situations I dokumentiert. Dabei setzt sich die Autorin dezidiert von wirkmächtigen Diskursen ihrer Zeit ab, insbesondere von dem marxistisch geprägten geschichtsphilosophischen Diskurs und einem Verständnis des Individuums in der Tradition der Psychoanalyse Sigmund Freuds. Der 1954 mit dem Prix Goncourt ausgezeichnete Roman Les Mandarins nimmt dabei im Hinblick auf das Romanwerk der Autorin eine herausragende Stellung ein. Die lange Freundschaft und intensive Arbeit mit dem Phänomenologen und Philosophen Maurice Merleau-Ponty beeinflusst die Arbeit an Les Mandarins nachhaltig. Nicht nur thematisch finden hier die philosophischen Erträge der Phénoménologie de la perception ihren Niederschlag. Les Mandarins dokumentiert zugleich einen Wendepunkt insofern, als die situation nun nicht mehr ausschließlich auf der Bühne des Weltgeschehens fokussiert wird: Der Roman wendet sich nunmehr dem privaten Bereich zu, eine Sphäre, die Simone de Beauvoir mit den nachfolgenden Erzählungen La femme rompue, Les belles images oder der Kurzerzählung Malentendu à Moscou weiter ausdifferenziert.

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2009

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