Komponieren, dirigieren, schreiben
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„Ein Blaumeisenpärchen badet ausgiebig in der Vogeltränke. An der weißgelben Hauswand, Schwarzweißfilm, zucken die dunklen Schatten der Krähen. Raubvögel. Unheilskünder. Meine Anwesenheit vertreibt sie. In mir viel innere Unruhe, schlechtes Gewissen. Vernachlässige ich nicht das Theater, meine Arbeit, meine Familie, meine Freunde, meine kompositorischen Verpflichtungen? Ist es rechtens, mittags im Garten zu sitzen, zu lesen und den nistenden Meisen bei der Versorgung ihrer Brut zuzusehen? Ich müsste kämpfen für meine Flucht-Oper, die Gedichte, für die Lesereise nach Cuxhaven/Bad Bederkesa, für mein Tagebuch. Bin ausgelaugt von vormittäglichen Telefonaten, die mich in allen Dingen keinen Schritt vorangebracht haben, bin energiegeladen energielos.“ Eckehard Mayer ist Pianist, Komponist, Lyriker, Dirigent und Leiter der Dresdner Schauspielmusik. Er hatte sich vorgenommen, in seiner eigenen Unruhe ein Buch über seine innere Unruhe zu schreiben. So entstand sein Arbeitsjournal. Über drei Jahre führte er minutiös Tagebuch, und ein privates Dokument entstand, das weit darüber hinaus reicht, nur die eigene Befindlichkeit auszubreiten. Die Arbeiten an verschiedenen Theatern werden ins Bild gerückt, Reisen, Begegnungen mit Günter Grass, Walter Kempowski, Christoph Hein oder Fritz Rudolf Fries, aber auch innerhalb der Familie, Lektüre- und Hörerlebnisse, der Kampf um Inszenierungen und um eigene Opernprojekte. Mayer berichtet von Krisen und den Momenten des Erfolgs, vor allem aber vom Ringen um die eigene Vitalität. Ein Künstler bezieht Stellung zu den Absurditäten des Alltags, zu dem, was ihn ausbremst oder was ihn antreibt. Und plötzlich hat man sich festgelesen in diesem Diarium, weil man mehr und mehr begreift, was das bedeutet: nicht zu resignieren und die eigene Kreativität wachzuhalten.