Technisches Erfahrungswissen in industriellen Produktionsprozessen
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In vielen Branchen steht die betriebliche Wissensarbeit noch am Anfang ihrer Entwicklung und hat die Schwelle zu effektivem Wissensmanagement noch nicht passiert. Dass Wissen eine oft brachliegende Ressource darstellt, ist auf eine Reihe forschungstheoretischer, methodischer und organisationaler Defizite zurückzuführen; in zahlreichen Domänen existieren bisher kaum ausreichend detaillierte Modelle über die für betrieblichen Erfolg entscheidenden Wissensstrukturen. Selbst ambitionierte Wissensmanagementansätze begreifen betriebliches Wissen zwar als zentrale Ressource, doch aufgrund der fehlenden Berücksichtigung von Wissensstrukturen bringen sie vielfach lediglich Datensammlungen hervor, die die kontextuelle Tiefe und strukturelle Vernetzung von Wissen nicht abbilden. Der besondere Forschungsbedarf auf dem Gebiet des Erfahrungswissens ergibt sich zum einen daraus, dass diese Wissensform weitgehend implizit vorliegt, zum anderen zeigt sich, dass bisher keineswegs Einigkeit über die Natur impliziten Wissens herrscht. Die vorliegende Arbeit vertritt den Standpunkt, dass implizites Wissen zumindest zu signifikanten Anteilen externalisierbar und daher artikulierbar sowie kodifizierbar ist. Diese Perspektive entsteht nicht aus einer Opposition gegenüber den Strategien humanorientierten Wissensmanagements; vielmehr müssen die Vorteile beider Ansätze in nachhaltigen hybriden Konzepten integriert werden. Die Dissertation legt den analytischen Schwerpunkt auf eine exemplarische Untersuchung der Struktur des Erfahrungswissens von Facharbeitern in der Stahlindustrie. Die Theoriebildung erfolgt auf Basis des qualitativen Forschungsstils der Grounded-Theory-Methodologie, da diese für die Analyse komplexer Vernetzungen und variierender Kontexte besonders geeignet ist. Zur Datenerhebung werden Befragungen und nonreaktive Erhebungen kombiniert. Im forschungsmethodischen Bereich werden Eigenentwicklungen vorgestellt, die sich beispielsweise auf die Adaption der Grounded-Theory-Methodologie für soziotechnische Settings sowie auf bildseriengeleitete narrative Interviews für die Externalisierung impliziten Wissens beziehen.