Symbolische Formung
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Erst Formung macht aus kollektiven Empfindungen und Ahnungen einen Glauben, der sich auf Dauer stellen lässt. Eine der Formen, auf die sich Glaube und gefestigte kollektive Überzeugungen stützen können, ist das Ritual. Es ist zentraler Bestandteil alter und neuer Versuche mythischer ›Weltbewältigung‹ durch symbolische Formung der Wirklichkeit. Als Aktionsform des Symbols verlangt es also Tätigkeit, wo andere Symbole ihre Kraft und Wirkung aus der fixierten Gestalt ziehen. Rituale repräsentieren damit Ordnungen, die im Handeln immer erst und immer wieder hergestellt werden müssen. Sie formen und disziplinieren das Verhalten, machen es überschaubar und vorhersagbar und erlauben, dass wir uns nicht nur in Räumen, sondern auch im Handeln ›zu Hause‹ fühlen. Die aus dem direkten Erleben entspringende Überzeugungskraft macht die Stärke, zugleich aber auch die Gefahr symbolischen Handelns und Mitteilens aus: Symbole vermögen zu überzeugen wider alle Vernunft. Das heißt aber auch, sie sind imstande, ohne Begleitung der Vernunft eigene Welten zu konstituieren, die sich der Kontrolle und Überprüfung der reflektierenden Vernunft entziehen, die also auch irreflexive Wahnwelten aufbauen und erhalten können. Eine Hermeneutik der Symbole ist daher nicht einfach nur möglich, sondern auch notwendig.