Die Pyramide von Innen
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Das alte Ägypten – mit Beginn des 19. Jahrhunderts wurde aus dem fernen Traumbild einer geheimnisvollen Hochkultur fassbare Realität: die Realität von Expeditionen, Ausgrabungen, Forschungen, künstlerischen Anverwandlungen und touristischer Erkundungen. Das 19. Jahrhundert mit seinen militärischen Expansionen und dem wissenschaftlichen Aufblühen von Archäologie sowie Philologie entdeckte das Land am Nil mit seinen monumentalen Grabanlagen und entschlüsselte die Hieroglyphen. Hinter den Geheimnissen um Mumie und Sphinx wurden die Umrisse eines faszinierenden Zeitalters erkennbar: Jahrtausende geprägt von umfassenden medizinischen und astrologischen Kenntnissen, einer komplexen religiösen Erinnerungskultur sowie Mythen und göttlichen Gestalten, die sich später prägend auf die jüdische und christliche Religion auswirkten. Buch und Ausstellung präsentieren atemberaubende, Jahrtausende alte Sammlungsstücke und thematisieren zugleich jenes „Ägyptisieren“, das eng mit dem napoleonischen Feldzug zwischen 1798 und 1801 und der Aufmerksamkeit Europas verbunden ist, als das Land am Nil seine Faszination auf Künstler und Wissenschaftler auszuüben begann. Obwohl das Interesse der Europäer zunächst ganz unverhohlen der räuberischen Aneignung ungehobener Schätze galt, entstand im Verlauf des 19. Jahrhunderts neben der Ägyptologie vor allem das Interesse am Erhalt der historischen Denkmäler. Die Entschlüsselung der ägyptischen Hieroglyphen durch Champollion im Jahre 1822 darf hierfür als der wissenschaftliche Wendepunkt gelten. Insbesondere die aus Frankreich kommende Mode à l’egyptienne wirkte sich in den europäischen Kunstsparten aus und hatte natürlich mehr mit der jeweiligen imperialen Gegenwart als der ägyptischen Vergangenheit zu tun. Kaum ein Künstler hatte das Land je bereist: Die Ägypten-Maler Andreas und Oswald Achenbach kamen nur bis Sizilien. Giuseppe Verdi, der Schöpfer der „Aida“, schlug eine Einladung des Khediven nach Kairo zu reisen aus. Die Originale des Alten Ägypten mit den Anverwandlungen im 19. Jahrhundert lassen das Traumbild und das Geheimnis Ägypten lebendig werden. Den Weg durch Ausstellung und Buch zeigt der beispielhafte biografische Einzelfall des Wilhelm Dieudonné Stieler (1888–1912). Er bereiste 1908/09 das Land und war von der alten Kultur zutiefst fasziniert und legte eine kleine Sammlung von Aegyptiaca an, die heute von der Stiftung für ein Schweizerisches Orient Museum, Basel, betreut wird. Stielers Sammlung bildet den exemplarischen Kern von Ausstellung und reich bebildertem Buch. Diesen Überblick zu den verschiedenen Dynastien dieser Hochkultur vervollständigen die sorgfältig ausgewählten Objekte Stielers, deren Herkunft eindeutig bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann.