Die Welt im Gedicht
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Ein gutes Gedicht wird zum Brennpunkt mehrerer Strahlen, die den betrachteten Gegenstand erst in seiner vollen Brillanz aufl euchten lassen. In dieser methodologisch originellen Studie werden die Hauptstrahlen, die in Rilkes Sonett „O dieses ist das Tier, das es nicht giebt“ (aus den Sonetten an Orpheus) münden, eingehend verfolgt. Nach einer Diskussion der Bedeutung von Ort (Rilkes „Schloß Muzot“) und Zeit (Februar 1922) der Komposition werden Stoff (Migration des Einhorns aus dem Mittelalter in die Moderne), Thema (Orpheus und Orphismus im 20. Jahrhundert) und Form (Rilkes Verwendung des Sonetts) des Gedichts untersucht. Dabei erweisen sich die verschiedenen Strahlen als repräsentativ für mehrere Werke anderer Dichter aus dem annus mirabilis 1922, während die folgende Rezeption des Gedichts sich als Seismograph für Messung der kritisch-theoretischen Tendenzen der nächsten Jahrzehnte erkennen läßt. Durch diese kaleidoskopartige Behandlung, die sich bei anderen Werken gut anwenden ließe, erscheint Rilkes berühmtes Sonett in einer neuen, erhellenden Beleuchtung, die über die übliche Werkanalyse weit hinausgeht.