Derrida ist nicht zu Hause
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Was eigentlich sieht der bildungsbeflissene Urlauber, wenn er bei der Besichtigung von Albert Einsteins Berner Arbeitszimmer belehrt wird, genau hier sei die Spezielle Relativitätstheorie entwickelt worden? Und was der begeisterte Leser, der eine angeblich von Marcel Proust zerbrochene Vase betrachtet oder im Kommentar der Werkausgabe die Rezepte für die im Roman zubereiteten Gerichte nachschlägt? Warum sträubte sich Martin Heidegger fast zehn Jahre lang, eine Kreuzfahrt nach Griechenland zu unternehmen (ein Geschenk seiner Frau Elfriede)? Und warum vertieft sich der Leser einer Sondernummer über die 'Dekonstruktion der Philosophie' in ein Foto, das nicht Jacques Derrida, sondern seine Pfeifensammlung zeigt? Ist der Herr, der zufällig neben Derrida saß, als dieser in einem der Cafés von Montparnasse portraitiert wurde, jetzt Teil der Philosophiegeschichte? 'Reliquien, Reste, Zeugs' bezeichnet der renommierte Kunsthistoriker Peter Geimer neben seinen Abhandlungen zur Wissenschafts- und Bildgeschichte als Schwerpunkte seiner Forschung. Seine jetzt vorgelegte Portraitsammlung entspinnt sich in einem kunstvoll gewobenen Netz aus wechselseitigen Bezügen zwischen realen Orten, rätselhaften Gegenständen und historischen Persönlichkeiten. So offenbart sich die Faszination intellektueller Stars als Phänomen und zugleich Paradoxon: Denn Star ist nur, wer noch da gesucht wird, wo er längst nicht mehr ist. Peter Geimers 'Begegnungen mit Abwesenden' sind eindrückliche Portraits, u. a. von William Turner, Martin Heidegger, Marcel Proust – und natürlich Jacques Derrida.