Große Schiffe am Horizont und Fragmentierung zuhause. Stadtentwicklung in Genua
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1986 war Genua eine Stadt im Verfall. Der marode Hafen und die Schwerindustrie am westlichen Rand prägten die Stadt, es gab kaum Tourismus. Das Centro Storico war weitgehend zerfallen, viele Palazzi waren baufällig und nicht zugänglich. 20 Jahre später präsentiert sich Genua als aufgeputzte, moderne europäische Stadt. Die vertikale Stadtstruktur wurde aufgewertet, der Hafen zu einem Touristenmagnet. In Genua verlaufen damit mindestens drei Stadtentwicklungsprozesse parallel zueinander: die Anwendung von neuen Instrumenten der Planungspraxis, die zugleich eine Ausblendung der sozialen Frage befördert haben, der Umbau zur globalisierten Wirtschaft durch die Umstrukturierung des Hafens und der damit verbundenen Logistik und drittens die veränderte demographische Situation der Stadt, die durch vermehrte Immigration und Überalterung gekennzeichnet ist, Es zeigt sich, dass sich in den letzten Jahren schon lange angelegte Fragmentierungslinien zunehmend verfestigt haben und dass manche Orte zu „NichtOrten“ wurden, d. h. zu Orten extremer Exklusion und Marginalisierung. In Genua, so eine der grundlegenden Thesen dieser länderkundlichen Betrachtung, zeigen sich modellhaft bereits viele der Entwicklungen, die den meisten europäischen Städten noch bevorstehen. Die vorliegende Publikation plädiert für eine integrierte regionale Betrachtungsweise, die ‚Länderkunde‘ als einen Beitrag zu Fragen der Stadtentwicklung versteht und sich bemüht, die Sichtweise auf eine Stadt nicht alleinig entweder auf die bauliche oder aber die wirtschaftliche Entwicklung bzw. die planerische Umgestaltung einzuengen. Bisher fehlen Versuche einer auch empirisch begründeten Mehr-Ebenen-Betrachtung von Fragen der europäischen Stadtentwicklung. Dies soll hier anhand eines regionalen Beispieles geleistet werden. Methodisch stützt sich die Analyse auf mehr als 20 geführte Expertengespräche sowie auf die Auswertung von statistischem Datenmaterial und auf die Auswertung vorliegender Literatur.