Wahrheit ist Arbeit
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Wahrheit ist ArbeitMit dem Verdikt „Tod der Moderne!“ eröffnete Charles Jencks 1977 seine Abhandlung „The Language of Post-Modern Architecture“. Es war eine Abrechnung. Die großen politischen und künstlerischen Entwürfe des 20. Jahrhunderts zur Schaffung einer neuen Gesellschaft, ja einer neuen Menschheit, wie sie Che Guevara mit der Figur des „Hombre Nuevo“ der 68er-Generation noch verkündet hatte, waren gescheitert. Die Zeit danach ist als Postmoderne, als Zeit ohne verbindliche Systeme und Vorgaben in die Geschichte eingegangen. Architektur und Kunst haben vorweggenommen, was sich gut zehn Jahre später mit der Wiedervereinigung und dem Zusammenbruch des Ostblocks auch politisch vollzog. Die Villa Schöningen am Potsdamer Ufer der Glienicker Brücke, eine Stätte der Begegnung und des Austauschs zwischen Ost und West, zeigte letztes Jahr die Ausstellung Wahrheit ist Arbeit mit Arbeiten von Werner Büttner, Martin Kippenberger und Albert Oehlen aus der Sammlung Falckenberg. Der Titel geht auf eine 1984 von Zdenek Felix im Essener Folkwang Museum kuratierte Ausstellung der drei Künstler zurück. Sie nahmen das Recht in Anspruch, sich in jede kulturelle Fehlentwicklung kommentierend einzumischen und nahezu jedes bemerkenswerte Ereignis mit Kunst zu versiegeln, damit bloß nichts verloren gehe von der schönen Zumutung Leben. Man könnte geradezu von einem närrischen Alleinvertretungsanspruch sprechen, und der Kleister, der diese Gruppe auf Zeitverband, war ihr Lachen wider alles. Es ging nicht um Gegenmodelle. Absicht war viel mehr, das herrschende Ordnungs- und Kultursystem mit ätzendem Spott zu unterlaufen und allenfalls rudimentäre, zum Scheitern verurteilte Utopien und Romantizismen aufzuzeigen. „Jeder Mensch ist ein Künstler“, lautete Anfang der 70er Jahre das Credo von Joseph Beuys. „Jeder Künstler ist ein Mensch“, war kaum zehn Jahre später die lakonische Antwort Kippenbergers.