Narrative Rhythmen der Erzählstimme
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Die Analyse der Poetologie W. G. Sebalds folgt der These, dass die Erzähler- und Erzählfiguren und die sie repräsentierenden Instanzen einen performativen Mitteilungsakt der Stimme(n) in Gang setzen. Die unterschiedlichen Rhythmen, die durch Frequenz und Wiederholungsstruktur der dem Text eingeschriebenen Sprechersubjekte entstehen, evozieren eine narrative Stimme. Im Wechsel von Präsenz- und Sinneffekten einerseits und von Äußerungsmodi zwischen subjektiver Zeugenschaft und einem beschreibenden Erzählen ohne Subjekt ereignet sich die narrative Spielbewegung, die eine synästhetische Lesart fördert und ‚das innere Ihr’ (H.-G. Gadamer) daran beteiligt. Da Sebalds Erzählungen sich herkömmlichen Beschreibungsmodellen entziehen, setzen sie den Rezipienten einer Unbestimmtheit aus. Die Lektüre bleibt in der Schwebe und fokussiert die Rhythmusgeber der Erzählstimme – die subjektiven Instanzen. Sie bestimmen den Rhythmus des Textes als ‚subjektive Organisation der Bewegung der Rede in der Schrift’ (H. Meschonnic). Ebenso unbestimmten, abgründigen Positionen sind die Figuren ausgesetzt, denen die raumzeitlichen Konturen verschwimmen, deren Erinnern und Erzählen aber in diesen haltlosen Momenten in kreisförmigen Bahnen zum punctum fi xum des äußersten Schmerzes vordringt.