Psychoanalytisch-pädagogische Untersuchungen zur Scham bei Kindern und Jugendlichen vor dem Hintergrund von Trennungs-, Scheidungserfahrungen
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Jahrelang führte die Auseinandersetzung innerhalb der Pädagogik und der Kinderanalyse mit der Scham ein Schattendasein. Sie wurde als Widerstand gegen sexuelle Strebungen oder als Disziplinarmaßnahme der Erziehung in Form von Beschämungen thematisiert. Studien im Bereich der Schulpädagogik dokumentieren, dass solche Erziehungsmittel durchaus heute noch aktuell sind, wenn auch wesentlich subtiler. Es gestaltet sich äußerst schwierig, in Untersuchungen dem Schamaffekt näher zu kommen und seine prozesshafte Wirkungsweise in in der jeweiligen Lebensgeschichte des Kindes oder des Jugendlichen zu beschreiben. Die Scham hat eine gewissermaßen ansteckende Wirkung und die Auseinandersetzung mit ihr setzt die eigene Reflexion mit sich und der eigenen Scham voraus. Die Scham als „ständiger Begleiter“ beeinflusst das psychische System und ist entscheidend für das Selbstbild und den Aufbau der Beziehungen. Vor allem im Bereich der Pädagogik und Kinderpsychotherapie ist die Scham ein wichtiges Diagnostikum der weiteren Entwicklung. So ist verwunderlich, dass die Pädagogik und die Kinderpsychoanalyse die Scham kaum aus ihrer oftmals verborgenen Nische herausholten. Noch immer ist der negative und anrüchige Ruf der Scham vorherrschend. Vor dem Hintergrund von Trennungs-/ Scheidungserlebnissen von Kindern und Jugendlichen wird die Scham in ihrem Wesen und ihrer Funktion untersucht. Die Kinderpsychoanalyse bietet durch ihre Techniken der Gegenübertragung, des enactments u. a. die Möglichkeit, diese Prozesse in der therapeutischen Situation dem forschenden Blick zu unterziehen. In der Studie wird versucht, anhand ausführlicher kasuistischer Falldarstellungen das prozesshafte und individuelle Geschehen des Schamaffekts in der Entwicklung der Kinder oder Jugendlichen darzustellen. Dabei war der leitende Gedanke, an alte Forschungstraditionen anzuschließen. Die Kasuisitik war insbesondere in der Blütezeit der psychoanalytischen Pädagogik anzutreffen. Psychoanalyse und Pädagogik haben eine lange Tradition in den Falldarstellungen. Vor dem Hintergrund des Paradigmenwechsels in der Pädagogik soll an diese Tradition angeknüpft werden. Die Vergleichbarkeit entsprechender kasuistischer Falldarstellungen führt zu einer Typenbildung, die das Allgemeine in diesen Fällen beschreibt. Dieser Ansatz soll das individuelle und einzigartige der jeweiligen Fallgeschichte darstellen und respektieren, aber zugleich eine Aussage über das Allgemeine an diesen Fällen treffen.