Transitkunst
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Die Chiffre „Transit“ vereinigt mit Aspekten wie Mobilität, Flüchtigkeit und Vorläufigkeit zentrale Begriffe des Zeiterlebens zwischen 1890 und 2010. Vor dem Hintergrund mehrerer Krisen und Katastrophen sowie tiefgreifender Umwandlungsprozesse erscheint das Leben als Durchgangsstadium, in dem sich nur noch ein temporäres, fragmentarisches Netz von Orientierungspunkten entwerfen lässt. Das Transitäre durchdringt nahezu alle Facetten des Individuums und seiner Lebensbereiche: vom Wahrnehmen der Inkohärenz in der Folge gesellschaftlicher Umwälzungen, über den Verlust ‚sicherer‘ Orte bis zum Erfahren der eigenen Identität als provisorisch. Die Reaktion auf solche Übergangszustände ist oft eine Intensivierung der Suchbewegungen nach Sicherheit, Nähe und Glück, die jedoch selbst zunehmend transitive Zwischenstellungen markieren. Die Literatur zeichnet sich unter dieser Perspektive durch die Adaptation transittypischer Themen und Inhalte aus, desgleichen durch die autoreflexive Übertragung von Konzepten wie Momenthaftigkeit, Unvollständigkeit und Flexibilität in das eigene narrative Programm. Die Beiträge des Bandes nähern sich verschiedenen Formen eines solchen inhaltlichen und/oder formalen ‚Dazwischen‘ an. Die Idee des Transits erweist sich dabei für diese vielfältigen literatur- und kulturwissenschaftlichen Untersuchungen als ebenso funktionale wie inspirierende Klammer, der es gelingt, im bewussten Einlassen auf das im Durchgang Begriffene die heterogenen Facetten des 20. Jahrhunderts zu verbinden: zu einer Art Zeitbild und Ästhetik des Transits.