Auf Tuchfühlung
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Ravensburg war über Jahrhunderte hinweg eine Textilstadt. Die Produktion von Leinwand und dem Baumwollmischgewebe Barchent brachten der Stadt und der gesamten Region Bodensee-Oberschwaben im Spätmittelalter Reichtum. Das Gebiet vom Schwarzwald bis zum Lech und von der Schwäbischen Alb bis über den Bodensee nach St. Gallen war im Spätmittelalter eines der wichtigsten Textilreviere Europas. Mit den städtischen Zentren St. Gallen, Konstanz, Ravensburg, Biberach, Ulm und Augsburg bildete die Region ein geschlossenes Wirtschaftsgebiet. In den Städten und auf dem Land schossen tagein tagaus die Webschiffchen durch die Webstühle. Die gesamte ummauerte Reichsstadt Ravensburg war mit Orten, Institutionen und Menschen besiedelt, die Textilien produzierten, veredelten und verkauften. Ihre Erzeugnisse wurden von den süddeutschen Handelsgesellschaften nach ganz Europa exportiert. Durch den Dreißigjährigen Krieg und die Entstehung neuer Textilreviere verlor Ravensburg während der frühen Neuzeit an Bedeutung. Die Stadt nahm nur noch eine Zulieferfunktion für die aufstrebende St. Galler Textilwirtschaft ein, die sie mit Garn und Arbeitskräften für die Stickerei versorgte. Während des 19. Jahrhunderts erlebte die Textilwirtschaft in Süddeutschland eine Renaissance. Sie wurde zum Leitsektor der frühen Industrialisierung. In Ravensburg entstanden mechanisierte Webereien, Spinnereien und Stickereien. Durch die Globalisierung fand die Textilproduktion im 20. Jahrhundert ein jähes Ende und die Tradition Ravensburgs als Textilstandort wurde endgültig begraben.