Film als Loch in der Wand
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Vor fünfzig Jahren, am 26. November 1966, verstarb mit Siegfried Kracauer ein Frankfurter/New Yorker Gesellschafts- und Geschichtstheoretiker, der ein in seinen Themen, Schreibweisen und Formaten ungemein vielfältiges Werk hinterlässt. Es reicht von der Alltagsdiagnostik in den (Film-)Kritiken, Essays und Sozialstudien seiner Weimarer Jahre (wie »Das Ornament der Masse« oder »Die Angestellten«) über das Roman-Werk zu Beginn seiner Emigration aus Nazi-Deutschland bis hin zu seinen Monografien über Film und Historiografie im US-Exil der Nachkriegsjahrzehnte (insbesondere »Theory of Film und History«). Dieser Vielfalt, die Kracauers gebrochene Denkweise und zerrissene Biografie prägt, und ihren anhaltenden Irritationspotenzialen im heutigen Wissenschaftsbetrieb trägt der vorliegende Sammelband mit Beiträgen von akzentuierten Stimmen der Medien- und Kulturtheorie wie auch der Philosophie Rechnung. Zugleich wird dieses breite Spektrum auf die bei Kracauer zentrale Rolle von Kino und Geschichte hin entfaltet. Kracauers Begriffsbildungen etwa von Dinghaftigkeit und von »Mitte«, das Paradoxe in seinen Entwürfen von Zeitlichkeit und von Politik, sein Schreiben auf Distanz zu Selbstbehauptungs-Ethos und zu Männlichkeit: Diese Motive konvergieren in Fragen nach Lücken und Schlupflöchern, die sich in sozialen Gefügen wie auch in Zeit-Räumen auftun. Es geht um Löcher, durch die Welt dringt und Flucht gelingt.