Tertiärnormsetzung in der Europäischen Union
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Die Möglichkeit der Übertragung von Normsetzungsbefugnissen vom Gesetzgeber auf die Verwaltung im weitesten Sinne ist ein nicht nur in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sondern auch auf Unionsebene selbst bekanntes Phänomen. Traditionell nimmt die rechtsetzende Konkretisierung und Handhabbarmachung des Sekundärrechts durch Tertiärrecht einen sowohl in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht bedeutenden Teil des Arbeitsaufkommens der Europäischen Kommission ein. Die so bezeichnete Durchführungsrechtsetzung wurde vor allem unter dem Stichwort „Komitologie“, d. h. der Einbindung aus mitgliedstaatlichen Vertretern zusammengesetzter Ausschüsse in das Normsetzungsverfahren, zu einem Dauerbrenner der europarechtswissenschaftlichen Diskussion. Durch den Vertrag von Lissabon wurden die Regelungen zur Tertiärnormsetzung durch die Europäische Kommission grundlegend umgestaltet: Zum einen erlaubt es Art. 290 AEUV dem Unionsgesetzgeber, der Kommission Befugnisse zur Änderung oder Ergänzung eines von ihm erlassenen Gesetzgebungsakts zu übertragen (delegierte Rechtsetzung). Zum anderen werden der Kommission - und ausnahmsweise dem Rat - nach Art. 291 Abs. 2 AEUV mit Unionsrechtsakten Durchführungsbefugnisse übertragen, wenn es einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Rechtsakte bedarf (Durchführungsrechtsetzung). Das Werk untersucht diese Regelungen und die aus ihnen folgende Normsetzungspraxis daraufhin, ob sie dafür zu sorgen geeignet sind, sachgerechte Normen in einem demokratischen und rechtsstaatlichen Normsetzungsverfahren in kostengünstiger Weise zu schaffen. Hierbei wird dieser Kriterienkatalog getrennt und damit systematisierend zunächst auf den Komplex der Ermächtigung der Kommission zur Tertiärnormsetzung und anschließend auf den Komplex der Ausübung dieser Ermächtigung angewandt. Die gefundenen Ergebnisse werden darüber hinaus dazu genutzt, Kategorien zur klaren Abgrenzung der delegierten Rechtsetzung von der Durchführungsrechtsetzung zu entwickeln. Die Studie wurde im Sommersemester 2014 an der Bucerius Law School Hamburg als Dissertation angenommen und entstand unter Betreuung von Prof. Dr. Hermann Pünder, LL. M. (Iowa). Das Promotionsvorhaben wurde durch die Konrad-Adenauer-Stiftung im Rahmen eines Graduiertenstipendiums gefördert.