Das Piloturteilsverfahren als Reaktion auf massenhafte Parallelverfahren
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Der Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) wendet das Piloturteilsverfahren an, um bei einem strukturellen Problem in der Rechtsordnung eines Mitgliedstaates das Auftreten massenhafter Parallelverfahren durch die Anordnung von Abhilfemaßnahmen mit Wirkung über den Einzelfall zu verhindern. Obwohl das Verfahren inzwischen fester Bestandteil der Straßburger Spruchpraxis ist, stellt die Loslösung von der Einzelfallbetrachtung ein Novum im Konventionssystem dar, das eine Reihe ungelöster Rechtsfragen aufwirft. Die ersten beiden Teile der Arbeit beschreiben daher den rechtspolitischen Hintergrund, die Entwicklung und Charakteristika des Verfahrens. Der dritte Teil setzt sich mit der Kompetenz des EGMR zur Anordnung von Abhilfemaßnahmen mit Wirkung über den Einzelfall auseinander. Unter Berücksichtigung ausgewählter Staatenpraxis wird ferner die Verbindlichkeit der Anordnungen in den Piloturteilen untersucht. Der vierte und letzte Teil zeigt, welche Rückschlüsse sich aus der Analyse des Piloturteilsverfahrens auf die generelle Verbindlichkeit der Auslegungsentscheidungen des EGMR und ihre Bedeutung im europäischen Grundrechtssystem ziehen lassen.