Lessing und die Sinne
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Die Auffassung der sinnlichen Erkenntnis als Vernunftäquivalent (analogon rationis) und der Ästhetik als Wissenschaft von der sinnlichen Erkenntnis (scientia cognitionis sensitivae) beschäftigt das gesamte 18. Jahrhundert. Die Transformation einer Erkenntnistheorie der Sinne (aisthesis) in eine Lehre der ›schönen Wissenschaften‹ und der Kunstkritik wird von Lessing stark mitgeprägt. Im Laokoon (1766) untersucht er beispielsweise die komplementären Zeichensysteme der Malerei und Poesie, im Briefwechsel über das Trauerspiel (1756/57) entwirft er im kritischen Austausch mit Mendelssohn und Nicolai eine bühnentaugliche Poetologie der Leidenschaften, in der Hamburgischen Dramaturgie (1767–1769) vermittelt er zwischen der Dramenliteratur, der sichtbaren Sprache der Körper, den Bühnenbildern sowie der hörbaren Präsentation, und mit seinen literarischen Texten lotet er die unterschiedlichen poetischen Zugänge zum Sitz der menschlichen Gefühle aus. Zugleich spielen Sinne und Sinnlichkeit eine Rolle in Lessings Vergleichen unterschiedlicher Religionen und Kulturen sowie in seinem Verständnis sozialer Geselligkeitsformen. Als Übersetzer und Kritiker vermittelt er schließlich europäische Positionen in Deutschland. Lessings zentrale Stellung in der Diskussion um die Sinne und die Sinnlichkeit wird mit diesem Band erstmals umfassend erschlossen.