"Zwei Seelen" und der Kompromiss
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„Zugehören“ und „Sich selbst Erfinden“ sind menschliche Bedürfnisse und tauchen in der Kunst, in Psychologie und Philosophie und auch schon in frühen Mythen auf. Unterschiedliche Formen der Nachahmung, der Aufmerksamkeitslenkung, von Gedächtnis und Lernen, der Entwicklung von Gefühlen und Gedanken schaffen zwei menschliche „Seelen“ und schließlich in ein „zweistufiges Modell menschlichen Verhaltens“. Vor etwa zwei Millionen Jahren entwickeln frühe Hominiden, ausgehend von mentalen Fähigkeiten nichtmenschlicher Primaten, Gefühle, Empathie und eine „emotionale Intelligenz“, welche unter gegebenen Bedingungen ihr Überleben sichert und in der Individualentwicklung des Menschen zum Gerüst unserer Kindheit wird. Vor etwa 200-500 tausend Jahren kommen mit dem Homo sapiens gedanklicher Rückzug und kreatives Gestalten, kommt eine „kognitive Intelligenz“ hinzu, welche unsere Adoleszenz und die frühen Erwachsenenjahre bestimmt. Die Dominanz der zweiten und kognitiv gesteuerten Entwicklungsphase führt in der Individualentwicklung unter anderem zu einem „young male syndrome“ mit mehr Gewalt und in Länder übergreifenden Befragungen auch zu einer Reduktion der Lebenszufriedenheit des Menschen. Um die„Lebensmitte“ wird kognitive Dominanz durch einen Kompromiss aus „emotionaler und kognitiver Intelligenz“ korrigiert. In analoger Weise entdeckt das psychologisch geschulte Individuum der jüngeren europäischen Moderne seine Gefühle und wendet sich von einer kognitiven Indoktrination durch Religionen oder Ideologien der Vergangenheit ab. Persönliche Sinnsuche ist das neue Ziel des Menschen. Die These des Buches lautet: Ein gedanklich entworfener Zeitgeist kann nur nachhaltig bleiben, wenn er auch ein frühes oder emotionales Erbe des Menschen anspricht. Die zeitliche Abfolge mentaler Erwerbungen in der Evolution und in der menschlichen Individualent-wicklung eröffnet eine neue Sicht auf menschliches Verhalten und auf gesellschaftliche Prozesse.