Die Metallfunde aus Selinunt
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Bei den Ausgrabungen der Abteilung Rom des Deutschen Archäologischen Instituts auf der Agora der griechischen Koloniestadt Selinunt im Südwesten Siziliens sind in großer Zahl Kleinfunde aus Bronze, Eisen, Blei und Silber zutage gekommen, die im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts zwischen 2009 und 2011 wissenschaftlich ausgewertet wurden. Der Metallfundkomplex aus Selinunt ist der bislang größte dieser Art im westgriechischen Bereich und der erste umfangreiche Fundbestand aus einer griechischen Stadt archaischer Zeit, der zusammenfassend veröffentlicht wird; die größten Komplexe an Metallobjekten aus der griechischen Welt kennt man bislang vorwiegend aus bedeutenden Heiligtümern wie Olympia oder Delphi. Die 1137 im Katalog erfassten Objekte belegen ein riesiges Einzugsgebiet der Hafenstadt Selinunt, das von Süd- und Zentralfrankreich im Westen bis in den Kaukasus und Zypern im Osten reicht. Erstaunlich ist der hohe Anteil an einheimisch-sizilischen Metallfunden und an Fremdstücken aus teilweise weit entfernten Regionen des Mittel- und Schwarzmeerraums, während griechisches Material in vergleichsweise geringen Mengen vorkommt. Das breit gefächerte Spektrum der Funde umfasst unter anderem Waffen und Rüstungsstücke, Teile von Gefäßen, Schmuck und Trachtbestandteile sowie Werkzeuge und Geräte, aber auch Rohmetall, Halbfabrikate, Gussabfälle und Schlacken. Ein erheblicher Teil der aus Buntmetall hergestellten Objekte ist nur fragmentarisch erhalten und nicht selten erkennt man Spuren willentlicher Zerstörung. Verblüffende Übereinstimmungen mit Material aus südfranzösischen „Brucherzhorten“ legen die Vermutung nahe, dass ein nennenswerter Teil der Bronzen aus Selinunt bereits in fragmentarischem Zustand dorthin gelangte, es sich also nicht um normalen „Siedlungsabfall“ handelt, sondern vielmehr um Material, dem zumindest teilweise ein „prämonetärer“ Charakter zukam. In diese Richtung weist auch der Umstand, dass die Zahl der Metallobjekte insbesondere in den frühesten Schichten der Agora (spätes 7./erste Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr.) sehr hoch ist, während er ab der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. – also nach der Einführung der Münzprägung in Selinunt – stark rückläufig ist. Die Publikation der Metallobjekte von der Agora in Selinunt stellt somit ein wichtiges Referenzwerk dar, dessen Bedeutung weit über Sizilien hinaus auch für die Ägäis, den westlichen Mittelmeerraum und Westeuropa große Bedeutung besitzt.