Facetten des Erinnerns
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Ni Shaofeng und Deng Huaidong, zwei in den frühen 1960er Jahren in China geborene Künstler, haben den 50. Jahrestag der Ausrufung der sogenannten „Kulturrevolution“ (1966–1976) zum Anlass genommen, sich intensiv mit den visuellen Erinnerungen von jener Zeit auseinanderzusetzen. Die Phase der „Kulturrevolution“ ist bislang in China selbst noch kaum aufgearbeitet und wirft, je intensiver man sich mit ihr befasst, desto mehr Fragen auf. Wie konnte das, was damals geschah, und was bei vielen Betroffenen noch heute traumatische Erinnerungen hervorruft, so viele andere dazu verleiten, durch ihren Glauben an die Parolen Maos zu einem willenlosen Instrument seiner Propaganda zu werden, die dann weit über die Grenzen Chinas für viele zu einem Faszinosum wurde. Die beiden Künstler haben die damals entstandenen Propagandabilder als Basis für ihre eigene Neu- und Uminterpretation verwendet. Ihre Bilder scheinen dem Betrachter zunächst vertraut, stellen sich aber bei genauerer Betrachtung als stark modifiziert heraus. Beide verfolgen einen Ansatz der Verfremdung, den Monika Wagner in ihrem einführenden Beitrag als „Re-Education“ bezeichnet hat. NI Shaofeng setzt seine Motive mit traditioneller Tuschetechnik um. Dieses Tuschegemälde teilt er wiederum in fünfzig Einzelteile. Jedes Bildfragment, das dabei entsteht, überträgt er abermals mit schwarzer Tusche auf Reispapier, diesmal jedoch in einem weit größeren Format. Die Einzelteile werden dann zu einem großformatigen, puzzleartig wirkendem Gesamtbild zusammengesetzt. DENG Huaidong malt von dem an der Mauer verformten Motiv ein Bild, das er dann fotografiert und weiter verfremdet. Mit diesem mehrstufigen Verfremdungsverfahren gelangt er zu einer differenzierten Bildsprache, die den Bildern eine neue Realität verleiht. Der Katalog erscheint zeitgleich mit dem Beginn der Ausstellung von Bildern der beiden Künstler, die vom 9. bis 29. November 2016 in der Barlach-Halle K im Rahmen der China Time Hamburg gezeigt wird. Ergänzend zu den künstlerischen Werken sind in dem Katalog die folgenden Beiträge von sechs Wissenschaftlern enthalten, die sich aus kunsthistorischer, sinologischer und zeitgeschichtlicher Perspektive mit der „Kulturrevolution“, ihrer Propaganda und den Arbeiten der beiden Künstler befassen: -- „Arbeit am Bild der Kulturrevolution“ (Monika WAGNER) -- „Über den „Rausch“ der Kulturrevolution und die Erinnerung an sie: Gedanken zu Ni Shaofengs Ausstellungskatalog“ (SHI Ming) -- "Die 'Kulturrevolution' und ich„ (Hans STUMPFELDT) -- “Die Macht über die öffentliche Sichtbarkeit: Zur Rolle des Mediums Fotografie in der chinesischen 'Kulturrevolution'„ (Bernd SPYRA) -- “Agitprop im Miniformat: Zur Vermittlung von Leitbildern durch Briefmarken aus der Zeit der 'Kulturrevolution'„ (Dorothee SCHAAB-HANKE) -- “From Trauma to Debate: Three Phases of Memory of the Cultural Revolution in China" (Sebastian VEG)