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Anton Bruckner

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Anton Bruckner »ist ein armer verrückter Mensch, den die Pfaffen von St. Florian auf dem Gewissen haben« – dieser Satz von Johannes Brahms reißt schlaglichtartig eine unüberbrückbare Kluft auf zwischen dem ins gehobene Bildungsbürgertum integrierten Komponisten, in dessen Arbeitszimmer über dem Schreibtisch ein Reproduktionsstich der Mona Lisa und über dem Sofa ein Stich der Sixtinischen Madonna hing, und dem gesellschaftlich nur schwer einzuordnenden Bruckner, in dessen karg möblierter Wohnung sich hinter einem grünen Vorhang ein Foto der toten Mutter auf dem Sterbebett verbarg. Was es heißen könne, daß nach dem Ende unserer Zeit eine unausdenkbare Ewigkeit beginnt, wie Unermeßlichkeit musikalisch zu formulieren sei, darum kreisen Bruckners Reflexionen, die vor keinem Grenzgedanken zurückschrecken – so wie ihn auch Katastrophen oder die menschenleere, unvorstellbare Weite des Nordmeers und dessen letzte Inseln obsessiv beschäftigen. Schließlich ist es der Gedanke an den Allesvernichter Tod, der ihn zunehmend bedrängt und der zu einem Thema der letzten beiden Symphonien wird. Wie die Musik diese Abenteuer des Denkens und der Imagination, die eine nicht stillzustellende Krisendynamik erzeugen, strukturhomolog realisiert, soll hier gezeigt werden. Bruckner war alles andere als ein »Musikant Gottes«. Die durch zahlreiche Erinnerungsberichte und Anekdoten korrumpierte Vorstellung vom Menschen Bruckner bedarf noch immer einer rigorosen Kritik. Er war ein Krisenkomponist par excellence. Dies tritt umso mehr hervor, je strikter mit den Quellen verfahren wird. Kunst entsteht nicht aus der Ergebung in fromme Kontemplation dogmatischer Inhalte, sondern auf der Schwelle zum Unausdenkbaren, auf der es sich mit allen Kräften des Ichs zu halten gilt.

Parametry

ISBN
9783866002746
Nakladatelství
Stroemfeld

Kategorie

Varianta knihy

2017

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