Literarischer Jugendstil
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Der geschichtliche Gehalt des Jugendstils ist die Erfahrung einer beispiellosen Entfesselung der Produktivkräfte bei fortbestehender Starrheit ihrer gesellschaftlichen Organisationsformen. Dem entspricht in der Kunst die starke Hervorhebung aller triebhaften Elemente der menschlichen Natur; von ihnen wird eine „Entgrenzung“ des durch stagnierende Gesellschaftsstrukturen und fortschreitende Arbeitsteilung auf sich selbst zurückgeworfenen und fragmentierten Bewußtseins erwartet. Andererseits aber müssen die entfesselten Triebenergien scharf kontrolliert und in Grenzen gehalten werden. Vor dem Hintergrund der politischen und sozialen Umbrüche, die sich in der Zeit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert vollziehen, analysiert der Autor ausgewählte Werke von Leopold von Andrian, Richard Beer-Hofmann, Hugo von Hofmannsthal, Rainer Maria Rilke, Arthur Schnitzler und anderen Autoren; es handelt sich um Versuche, mit den Mitteln der Kunst das Individuum aus seiner Befangenheit in Narzißmus und Isolation zu befreien. Besondere Aufmerksamkeit erfahren in diesem Zusammenhang Werke in der Nachfolge von Pantomime und commedia dell’arte, die angesichts der sich ausbreitenden „Sprachkrise“ (Hofmannsthals „Chandos-Brief“) einen Ausweg zu weisen scheinen. Ein Rückblick auf Carlo Goldoni und die Ablösung der commedia dell’arte durch die Gesellschaftskomödie beschließt einen Themenkomplex, dessen Aktualität bis heute fortdauert.