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Thron und Altar, Oktogon und Sechzehneck

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Das Aachener Münster gehört zweifellos zu den architekturgeschichtlich wie kulturhistorisch bedeutendsten Bauwerken überhaupt, und mit Recht wurde es deshalb 1978 als erstes deutsches Baudenkmal in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Angesichts dieser Prominenz sollte man annehmen, daß alle die Architektur betreffenden Forschungsfragen längst geklärt sind, oder wenigstens präzis benannt wurden, aber beides ist mitnichten der Fall, wie diese Studie der Aachener Bauforscher Jan Pieper und Bruno Schindler eindrucksvoll belegt. Denn nahezu alle Forschungsergebnisse, die in diesem Buch zu »Thron und Altar, Oktogon und Sechzehneck der karolingischen Pfalzkapelle« vorgelegt werden, sind neu. Dies betrifft sowohl das Rahmenthema der »Herrschaftsikonographie«, also der Verbildlichung der Begriffe von Staat und Kaisertum, die sich gegen Ende des neunten Jahrhunderts grundlegend wandelten, in den Formen und Elementen der Architektur des karolingischen Zentralbaus, wie auch in seinem wichtigsten Ausstattungsstück, dem Thron Karls des Großen. Für den Thron konnte die ursprünglich achteckige Gestalt der Rückenlehne sicher rekonstruiert werden, ebenso die Beziehung zwischen den Maßen und Geometrien von Königsstuhl und Oktogon. Es konnte anhand zahlreicher Graffitofunde nachgewiesen werden, daß die Marmorplatten des Thrones tatsächlich aus Jerusalem stammen, wie dies die Legende immer schon wusste. Für die Kirche insgesamt wurde der Beweis erbracht, daß sie in antik-römischen Fuß erbaut ist, also nicht in einem alltäglichen karolingischen Gebrauchsmaß, sondern in der mit imperialer Bedeutung aufgeladenen Maßeinheit der antiken Ordnungsmacht schlechthin, in deren Nachfolge sich das Karolingerreich sah. Schließlich konnte aufgrund einer genauen geometrischen und mathematischen Analyse die Maßfigur rekonstruiert werden, die es erlaubte, Grundriss und Aufriss des Bauwerks so genau zu konstruieren, wie dies die Bauaufnahmen belegen. Das Buch legt im Detail dar, daß die Aachener Pfalzkapelle nicht nur ein architektonisches, sondern auch ein geometrisches und mathematisches Kunstwerk im Dienste der karolingischen Herrschaftsikonographie ist, in dem an prominenter und genau berechneter Stelle auf dem Hochmünster der Thron als Gegenüber zum Altar steht. Die von den Stätten der Passion herbeigeschafften Materialien des Thrones stellen das Kaisertum Karls des Großen über die dynastische und charismatische Begründung hinaus legitimatorisch in eine heilsgeschichtliche Perspektive, die weit über die bisher bekannten Verweise auf das biblische Königtum hinausgeht. Sie stellt nicht nur eine legitimierende Analogie im Rückblick auf das Alte Testament dar, sondern demonstriert den Willen und die Verpflichtung zu einem herrschaftlichen Handeln in tatkräftiger Fortschreibung der Heilsgeschichte, deren aktive »erfüllte Zeit« mit dem Neuen Testament beginnt.

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2017, pevná

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