Das Rätsel allgemeinfaktischer Interpretationen im Aspektsystem des Russischen
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Zur Referenz auf einzelne, vollendete Ereignisse begegnen einem in russischsprachigen Texten nicht nur perfektive, sondern auch imperfektive Verbformen. Diese sogenannte „allgemeinfaktische“ Interpretation des Imperfektivs wird für gewöhnlich als Strategie zur Vermeidung des Perfektivs beschrieben. Der imperfektive Aspekt werde gewählt, wenn das Handlungsresultat nicht betont werden soll, wenn die raumzeitlichen Begleitumstände des Ereignisses nicht interessieren, wenn der Zielzustand des Ereignisses nicht relevant ist, kurzum wenn nur die reine Tatsache kommuniziert werden soll, dass das Ereignis stattgefunden hat. Was aber ist der positive Gehalt allgemeinfaktischer Aussagen? Was ist anstelle des Handlungsresultats relevant? Wozu eigentlich soll kommuniziert werden, dass das Ereignis stattgefunden hat? Olav Mueller-Reichau stellt in seiner Studie dar, dass allgemeinfaktische Imperfektiva in systematischer Weise auf konventionalisierte Regeln im Hintergrundwissen der Sprechaktbeteiligten Bezug nehmen. So wird zusätzlich zur expliziten Botschaft, dass der Subjektreferent die Handlung durchgeführt hat, die implizite Botschaft kommuniziert, dass die aus der jeweils aktivierten Regel folgenden Konsequenzen auf den Subjektreferenten zutreffen. So besteht der positive Zweck allgemeinfaktischer Aussagen darin, dass die Aufmerksamkeit auf eben diese implizite Information gelenkt wird.