Gelehrte in der deutschsprachigen Literatur
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Gelehrte sind aus der Literatur nicht wegzudenken. Sie weisen ein Bündel einfach wiedererkennbarer Merkmale und Defekte auf (Weltfremdheit, Zitierwut, Eitelkeit, Frauenfeindlichkeit etc.), die sogar ein eigenes Subgenre geprägt haben: die Gelehrtensatire. Trotz dieser relativen Stabilität sind Gelehrte äußerst kontextvariabel, treten in immer neuen Gewändern, Formen und Epochen auf und justieren so die Struktur der Figur nach. Diesen Spielräumen widmet sich der vorliegende Band, der auf ein Symposion anlässlich der Emeritierung von Karl Wagner zurückgeht. Er versammelt eine Reihe von Fallstudien, die vom Barock bis in die Gegenwart reichen und die Figur auf ihren sozialen und ästhetischen Funktionen hin befragen. In Ergänzung der bisherigen Forschung konzentrieren sich die Beiträge auf die sich wandelnden Physiognomien, Gattungspräferenzen und historischen Kontexte der Figur. Sie reflektieren dabei diskurshistorische Zusammenhänge wie die Frauenemanzipation in der Romantik, das Bildungssystem des 19. Jahrhunderts oder die Shoa, stoßen auf mediale Konkurrenzkämpfe wie zwischen Literatur und Journalismus im Feuilleton, entdecken ein Innovationspotential für Figurendesign und Gattungssettings oder attraktive Möglichkeiten, Autorenmasken zu formen. Gelehrte zeigen sich in den Analysen als besondere Reizfiguren, die für die Literatur ein gefundenes Fressen sind, nicht zuletzt, weil sich Autorinnen und Autoren beständig der Kontrolle und der Konkurrenz durch den akademischen Betrieb ausgesetzt sehen.