Verkehrte Leidenschaft
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Die vorliegende Arbeit setzt sich aus diskursanalytischer Perspektive mit der rechtshistorischen Entwicklung des Straftatbestandes der »Unzucht wider die Natur mit Personen desselben Geschlechts« (§ 129 I b StG) auseinander. Das Untersuchungsmaterial bilden zeitgenössische rechts- und sexualwissenschaftliche Quellen sowie 280 Akten aus Strafverfahren wegen gleichgeschlechtlicher Unzucht vor dem Landesgericht Linz aus den Jahren 1918–1938. Anhand dieses Materials wird untersucht, wie sich unterschiedliche Wissensbestände über Sexualität auf den juristischen Umgang mit dem Straftatbestand auswirkten, wie und von wem »Unzüchtiges« im juristischen Diskurs zur Sprache gebracht wurde und wie dies auf Vorstellungen des »Unzüchtigen«, des Geschlechtlichen und der Geschlechter einwirkte. Den rechtlichen Rahmen für diese Aushandlungs- und Verhandlungsprozesse des »Unzüchtigen« bilden die Entwicklung des Straftatbestandes von der Constitutio Criminalis Theresiana bis zum Strafgesetz 1852, seine Auslegung durch Rechtsprechung und Rechtswissenschaft sowie die strafverfahrensrechtlichen Regelungen. […] Anhand der einzelnen Abschnitte eines Strafverfahrens wird dargestellt, welche Sprechsituationen die an Unzuchtsverfahren Beteiligten vorfanden, das heißt, wie die juristische Bewertung ihres Handelns von prozessualen Rahmenbedingungen, außerrechtlichen Diskursen und Narrativen geprägt war. Hierbei zeigen sich Unterschiede in der Strafverfolgung hinsichtlich Verfolgungsraum, Geschlecht, Alter und Schichtzugehörigkeit sowie im Hinblick auf die politischen Verhältnisse.