Kritische Essayistik zwischen den Two Cultures
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Erwin Chargaff (1905-2002) ist gegenwärtig vor allem für seine Leistungen als Biochemiker bekannt. Dass er nach dem Ende seiner wissenschaftlichen Karriere in literarisch ambitionierten Essays gegen sein eigenes Fach polemisiert hat, wird oft übersehen: Ab 1970 gelang es Chargaff, sich zunächst als Vertreter einer Form wissenschaftskritischen „Renegatentums“ zu etablieren, wie sie im Rahmen der Ökologiebewegungen zunehmend an Bedeutung gewinnt. Rasch konnte er als Essayist im Literaturbetrieb des deutschsprachigen Raums Fuß fassen. Kulturwissenschaftlich orientierte und gattungstheoretische Fragestellungen verbindend, nimmt die vorliegende Studie Chargaffs publizistische Aktivitäten im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts in den Blick. Untersucht werden u. a. Chargaffs Positionierung als Naturwissenschafts- und Kulturkritiker, seine Rezeption im naturwissenschaftlichen und im literarischen Feld, seine Publikations- und Selbstinszenierungsstrategien sowie seine Werkpolitik. Eine detaillierte Analyse von Chargaffs essayistischem Oeuvre konzentriert sich auf Besonderheiten, die durch die Wahl einer zwischen Wissenschaft und Literatur changierenden Gattung bedingt sind: Jenseits einer ersten umfassenden literatur- und kulturwissenschaftlichen Untersuchung von Erwin Chargaff und seinem literarischem Werk entwickelt die Arbeit eine feldtheoretisch orientierte Gattungstypologie des Essays, die über eine Kategorisierung anhand von Merkmalskatalogen hinausgeht, ohne sich auf die gängige Charakterisierung als notorisch unklassifizierbares Genre zurückzuziehen.