Kyōto und seine Anderen
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Die vorliegende Studie basiert auf der Feststellung, dass Interpretationen der Malereien auf japanischen „nanban byōbu“ in gegenwärtigen Diskursen von Historisierungsprozessen früher Kulturkontakte geprägt sind. Die Darstellungen werden als Zeugnisse harmonischer Kontaktszenarien zwischen Japan und Europa verstanden, während ihre Funktionen im Rezeptionskontext des 16. und 17. Jahrhunderts marginalisiert werden. Die Monographie diskutiert diese historiographischen Verschiebungen in einer Verquickung von wissenschaftshistorischen Untersuchungen und Bildanalysen. Es wurden vier Interessensfelder hervorgehoben und in jeweils einem Teilabschnitt behandelt: Das erste Kapitel skizziert methodische Analyseansätze, mit denen japanische Kunsthistoriker die Bildinhalte auf „nanban byōbu“ untersucht haben. Sie legen beispielsweise dar, dass in den Darstellungen „Utopien“ konstruiert wurden, die in der Hauptstadt Kyōto generiert wurden und durch eine Balance von einerseits phantastischen Bildelementen und andererseits realhistorischen Details bildkünstlerisch umgesetzt wurden. Das zweite Kapitel knüpft an diesen Ergebnissen an und betrachtet „nanban byōbu“ als heterotopische Darstellungen der litoralen Kontaktzonen in Kyūshū. Anhand von Fallbeispielen wird aufgezeigt, wie die Kontaktszenarien je nach urbanem Rezipientenkreis individuelle Inhalte transportieren. Im dritten Kapitel wird „asobi“, ein ästhetisches Prinzip der frühen japanischen Genremalerei, als Analysekategorie jener ikonographischer Strategien erprobt, mit denen das Litoral für Rezeptionskontexte Kyōtos anknüpfungsfähig gemacht wurde. Hierbei werden spielerisch ambivalent gehaltene Interpretationsmöglichkeiten nachgezeichnet und diskutiert. Das vierte Kapitel fokussiert die diskursiv festgeschriebene Dichotomie „Japan-Europa“. Es nähert sich Diversitätskonstruktionen auf „nanban byōbu“ in einer Kombination aus ikonographischen Analysen und Untersuchungen von Alteritätsrezeptionen vom 17. bis ins 19. Jahrhundert. Die Ergebnisse dieser Abhandlung verdeutlichen, dass die Darstellungen auf „nanban byōbu“ Auseinandersetzungen historischer Akteure mit tradierten und innovativen Konzepten von Alterität reflektieren. Anstatt konkrete Kontaktszenarien an den Küsten im Süden Japans zu dokumentieren, überliefern die Malereien vielmehr heterotopische Imaginationen des kulturellen Austausches, die in unterschiedlichen sozialen Kontexten der Hauptstadt generiert wurden.