Grenzen lesbischer Identitäten
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Der Traum einer LesbenNation, einer Schwesterlichkeit, die von einer gemeinsamen Identität getragen wird, sollte die pulsierendste und sichtbarste lesbische Kultur dieses Jahrhunderts hervorbringen. Aber seit Mitte der Achtziger ist die Vision einer LesbenNation in weite Ferne gerückt. Die erste Welle lesbisch-feministischen Selbstbewußtseins führte nicht zu einer einheitlichen Gemeinschaft, sie ebnete vielmehr den Weg für eine weit komplexere Vorstellung dessen, was lesbische Identität und Kultur ist. Mit Vehemenz wird nach der „eigenen“ Identität gesucht, die das Eigene vom Fremden scheidet und darüber Fragen der Zughörigkeit regelt. Ungeklärt bleibt meist, was mit Identität gemeint ist: Muß sie erst entwickelt werden? Gibt es sie noch nicht? Muß sie erst gefunden werden? Ist sie irgendwo schon vorhanden? Warum ist sie für politisches Handeln relevant? Übrig bleibt dagegen oft nur deren Auspolsterung, die Überwachung der Identitätsgrenze. Daher bergen identitätspolitische Strategien oft die Gefahr, daß „lesbisch“ aufhört, eine Frage zu sein, und Identität als normatives Ideal fungiert. Identitätspolitik kann insofern dazu dienen, diejenigen auszuschließen, die die Identitätsanforderungen und -bedingungen nicht erfüllen. So wird sie Teil des Problems, das sie angetreten war zu lösen.