Die permanente Erfindung einer Tradition
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Mit dieser Studie liegt erstmals eine fundierte Arbeit zur institutionellen und sozialgeschichtlichen Entwicklung einer deutschen Universität in der Kernzeit der sogenannten klassischen Phase vor. Die Entwicklung der Universität Tübingen im Kaiserreich und in der Weimarer Republik wird in sozial-, institutions- und kulturgeschichtlicher Perspektive untersucht. Die Stellung Tübingens im deutschen Universitätsranking, die Sozialstruktur und Fächerwahl der Studierenden, die öffentliche Wahrnehmung der wachsenden Studierendenzahlen, die Karrierewege und das Sozialprofil des Lehrkörpers, die universitäre Selbstverwaltung und der nichtwissenschaftliche Dienst, die Etablierung neuer wissenschaftlicher Disziplinen, die universitäre Lehre, die Finanzierung der Universität, sowie das Verhältnis von württembergischer Öffentlichkeit und Universität werden behandelt. Im Zentrum der Analyse steht der institutionelle Wandel und die Traditionskonstruktion der Universität. Institutionelle und strukturelle Veränderungen, wie etwa die verschärften Qualifikationsanforderungen an die angehenden Hochschullehrer, wurden als Kontinuitätswahrung ausgegeben und erschienen so durch eine lange Tradition legitimiert. Durch diese permanente Traditionskonstruktion wurden die tiefgreifenden Veränderungen, die die Universität zwischen 1870 bis 1930 erfuhr, verschleiert. Dies wirkt teilweise bis heute nach und führt dazu, daß angesichts fehlender historischer Aufarbeitung ein Gestrüpp von nichtreflektierten Traditionsbildungen die Wahrnehmung und Analyse von Aufgaben, Problemen und Leistungen der Universitäten beeinträchtigt.